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Veranstaltungsinfo

Do, 12.05.2022
20.00 Uhr
Klassik

31,00 / 15,00

Regulär / bis 25 Jahre

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Schumann Quartett: Wolf, Mozart und Beethoven

Seit ihrer frühesten Kindheit spielen die drei Brüder Mark, Erik und Ken Schumann zusammen – mittlerweile vervollständigt Veit Hertenstein als Bratschist das Quartett. Im bosco spielt das Schumann Quartett Werke von Mozart und Brahms.

Das Schumann Quartett ist dort angekommen, wo alles möglich ist, weil man auf Sicherheiten verzichtet. Das schließt auch das Publikum mit ein, das sich Abend für Abend auf alles gefasst machen muss: „So wirklich entwickelt sich ein Werk nur live“, sagen sie, „das ist ‚the real thing’, weil wir vorher selbst nie wissen, was passiert. Spätestens auf der Bühne fällt jede Imitation weg, man wird automatisch ehrlich zu sich selbst. Dann kann man in der Musik eine Verbindung mit dem Publikum herstellen, kommunizieren.“ Die Live-Situation wird in naher Zukunft noch weiter aufgeladen: Albrecht Mayer, Menahem Pressler, Kit Armstrong, Anna Vinnitskaya und Anna Lucia Richter zählen zu den aktuellen Partnern der Vier.

Ein besonderes Highlight der Saison 21/22 stellen die vier Konzerte in der Wigmore Hall in London dar, in der das Quartett diese Saison Quartet in Residence ist. Des Weiteren wird das Quartett nach einer Zwangspause wieder in den USA auf Tour gehen. Zu Gast sein wird es bei der Streichquartett Biennale Amsterdam, dem Schleswig Holstein Musik Festival und dem MDR Musiksommer, sowie in Berlin, Schwetzingen, Frankfurt, Köln und Dortmund. Außerdem wird das Quartett zusammen mit der Mezzosopranistin Anna-Lucia Richter zwei besondere Programme in Madrid und Bilbao darbieten können.

Ihr Album „Intermezzo“ (2018 | Mendelssohn Bartholdy, Schumann und Reimann mit Anna-Lucia Richter) erfreut sich national und international bester Resonanz, und erhielt den Opus Klassik in der Kategorie Kammermusikeinspielung 2019. Somit wird es als würdiger Nachfolger ihres preisgekrönten „Landscapes“ Albums gefeiert, in dem sie den eigenen Wurzeln nachspürten und Werke von Haydn, Bartók, Takemitsu und Pärt kombinierten. Letzteres wurde unter anderem mit 5 Diapasons sowie dem Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik 2017 ausgezeichnet und war Editor’s choice beim BBC Music Magazine. Für ihr vorhergehendes Album mit Werken von Mozart, Ives und Verdi wurde dem Schumann Quartett bereits als BEST NEWCOMER 2016 der BBC Music Magazine Award in London verliehen. Im Jahr 2020 hat das Quartett seine Diskographie mit „Fragment“ und seiner Auseinandersetzung mit einem der Meister des Streichquartetts erweitert: Franz Schubert.

Das Schumann Quartett genießt die nonverbale Kommunikation. Unterschiedliche Persönlichkeiten treten deutlicher hervor, gleichzeitig entsteht in jedem musikalischen Werk ein gemeinsamer Raum, findet eine geistige Metamorphose statt. Vielleicht sind diese Offenheit und Neugierde die entscheidenden Einflüsse von Lehrern wie Eberhard Feltz, dem Alban Berg Quartett oder Partnern wie Menahem Pressler. Auszeichnungen, Veröffentlichungen – gerne werden Stufen konstruiert um herzuleiten, warum viele das Schumann Quartett heute zu den besten überhaupt zählen. Die Vier fassen solche Daten eher als Begegnungen auf, als Bestätigung für ihren Weg. Sie empfinden die musikalische Entwicklung der letzten zwei Jahre als Quantensprung. „Wir haben Lust darauf, es bis zum Äußersten zu treiben, zu probieren, wie die Spannung und unsere gemeinsame Spontaneität trägt", sagt Ken Schumann. Versuche, ihnen einen Klang, eine Position, eine Spielweise zuzuordnen, hebeln sie charmant aus, lassen allein die Konzerte für sich sprechen. Und Kritiker geben ihnen recht: „Feuer und Energie. Das Schumann Quartett spielt umwerfend gut [...] zweifellos eine der allerbesten Formationen der jetzigen Quartettblüte, […] blitzende Virtuosität und Überraschungsbereitschaft“ (Harald Eggebrecht in der SZ).

ERIK SCHUMANN Violine
KEN SCHUMANN Violine
VEIT HERTENSTEIN Viola
MARK SCHUMANN Violoncello

Programm
WOLF Italienische Serenade
MOZART Streichquartett Nr. 20 D-Dur, KV 499 „Hoffmeister“
***PAUSE***
BEETHOVEN Streichquartett op. 131


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Nach(t)kritik
Das Leben auf 16 Saiten
Nach(t)kritik von Paul Schäufele

Ohne jetzt indiskret zu werden: Diese Musiker sind alle älter, als sie aussehen. Oder vielleicht ist es nicht wirklich eine Frage des Aussehens, sondern eher eine der Ausstrahlung. Und das 2007 gegründete Schumann Quartett, das inzwischen international zur ersten Riege der zur Zeit florierenden Streichquartett-Kunst zählt, hat sich in allem, was es tut, den neugierig erforschenden Zugang bewahrt. Hier wird ohne Netz und doppelten Boden musiziert, das hält jung.

Stilecht wird Hugo Wolfs Italienische Serenade so zum phantasievollen Charakterstück. Die entscheidenden Impulse wandern von Spieler zu Spieler, werden reaktionsschnell aufgegriffen und weiterverwandelt. Da gibt es einiges zu tun, denn Hugo Wolfs vordergründig leichtfüßiges Stückchen ist reich an harmonischen und rhythmischen Stolperstellen. Hundertprozentig präzise agieren die vier hier noch nicht. Man spielt sich noch ein – was nichts am Gesamteindruck ändert. Das Schumann Quartett setzt unbedingte Lust am Spielerischen um in gewitzte Quartettkultur.

Mozarts zwanzigstes Streichquartett in D-Dur, das den Beinamen "Hoffmann" nach seinem ersten Verleger erhielt, stellt das Ensemble vor ganz andere Schwierigkeiten als das Eingangsstück. Wo Wolfs Serenade geradezu überquillt vor vielfarbigem musikalischem Material, ist KV 499 ein (auch im Vergleich zu anderen Mozart'schen Streichquartetten) moderates Werk. Dabei kommt es also ganz auf den Gestaltungswillen und die Formkunst der Musizierenden an. Auch hier enttäuscht das Schumann Quartett nicht. Mit beispielhaft gesanglichem Ton wird das Kopfthema vorgestellt, plastisch und präsent. Dazu trägt die organische Phrasierungsgabe des Quartetts bei. Ohne zu kleben oder zu schmieren werden Phrasenenden im Menuett minimal verzögert, was den pompös-altmodischen Gestus des Satzes elegant abfedert. Auch hier werden spontane Anregungen sinnvoll in den Satz integriert, etwa wenn im pulsierenden Finale das Cello sanfte Einsprüche formuliert.

Das sind gute Voraussetzungen für Beethovens spätes vierzehntes Quartett, denn integrativere Musik ist kaum denkbar. Die ganze Welt findet in diesem Opus Platz: Klagemusik und Begräbnisernst, expressiver Gesang, aber auch Kinderliedartiges. Dem kann man mit ehrfürchtiger Strenge begegnen oder man macht es wie das Schumann Quartett und spielt es einfach, so natürlich und ungezwungen wie nur möglich. Der Effekt stellt sich dann von selbst ein. Den wehmütigen Kopfsatz müsste man nur mit passenden Worten unterlegen, dann ergäbe sich hier ein Choral, so innig, homogen und schlicht klingt dieses einleitende Adagio. Die eintretende Verdüsterung, die in Sforzati-Schlägen durchbricht, kommt hier ohne klangliche Härte aus. Was zunimmt, ist allein die Intensität. Diese findet kurze Entspannung im beschwingten Folgesatz, den eine große Variationenreihe ablöst. Dem Schumann Quartett gelingt es hier, das Thema des Satzes so lieblich darzustellen, wie es sein soll, ohne künstliches Rosa-Licht darauf zu werfen. Von dort aus nimmt eine große, musikalisch wie ausdrucksmäßig komplexe Entwicklung ihren Gang. Mal melancholisch, mal wie ein Opernquartett, das sich gegenseitig unterbricht. Die Schumann-Brüder und der Bratschist Veit Hertenstein zeigen hier ihren Humor, der im folgenden Presto grimmig eingefärbt wird. Stringent führen sie im dramatischen Finale zu Ende, was bewusst einfach begonnen hat, Beethovens Erzählung auf sechzehn Saiten, die das ganze Leben umfasst, das Helle und das Dunkle darin. 

Mehr kann man von einem Streichquartett kaum verlangen. Außer eine geistreiche Zugabe vielleicht. Auch die bleibt das Schumann Quartett seinem Publikum nicht schuldig. Mit dem Scherzo aus Haydns "Vogel"-Quartett (Opus 33 Nummer 3) verabschiedet es sich unter begeistertem Applaus.

Galerie
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Do, 12.05.2022 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.