Ein aufgeregtes Raunen und Kichern geht durch das junge Publikum, als Kalle und Peter, zwei Männer vom Sicherheitsdienst mit Taschenlampen ausgerüstet die Bühne betreten. Sie sollen auf eine Ritterrüstung aufpassen, die zu einem Bühnenbild auf einem Puppentheater-Festival gehört. Neugierig untersuchen die beiden das Bühnenbild und beginnen sich vorzustellen, was in diesem wohl auf dem Puppentheater-Festival für ein Stück gespielt werden könnte. In einem frechen und schnellen Dialog, der besonders auch die erwachsenen Besucher*innen begeisterte, machen sich beide Gedanken über die nach Geschlechterstereotypen unüblichen Pläne ihrer eigenen Kinder und erörtern ihre Sicht auf das Mittelalter, indem der Ritter nach seinem Turniergewinn doch lieber den Jäger statt der Prinzessin heiraten wolle und die Prinzessin sich sowieso ihren eigenen Mann aussucht.
Dann auf einmal fallen Kalle und Peter zwei Puppen auf der Ritterrüstung auf und sofort verfallen beide in die eigentliche Geschichte, die aus einer nicht weniger zeitgemäßen Perspektive auf seine Held*innen schaut. Darin geht es um die Hauptfigur Martha, die als Ritterin in die weite Welt auszieht, um ihre Eltern von einem Zauberbann lösen zu können. Dabei trifft sie auf einen zweieinhalbköpfigen Drachen, einen emphatischen Riesen und einen stummen und traurigen Ritter, der sehr viel redet und über die Zeit auch vergessen hat, warum er eigentlich so traurig ist. Die liebevoll gestalteten Puppen bewegen sich in einem außerordentlich kreativen Bühnenbild hin und her, welches rund um eine lebensgroße Ritterrüstung gebaut ist. Die Rüstung wird dabei selbst zur Ritterburg, denn die Brust lässt sich wie ein großes Eingangstor öffnen und die Arme werden hochgeklappt schnell zur Zugbrücke, über die geritten werden kann; am Ende wird in der Rüstung sogar eine Party veranstaltet, mit buntem Licht, Musik und allem was man dafür braucht.
Die Schauspieler Michael Schwager und Daniel Wagner spielen sämtliche Rollen mit klugem Witz, einer beeindruckenden Stimmvielfalt und großartiger Präzision, besonders aber mit einer außergewöhnlichen Spielfreude, die sofort auf das Publikum überspringt. Das Ergebnis ist ein kurzweiliger und hochunterhaltsamer Theatervormittag, der ganz unaufgeregt nebenbei auch noch gekonnt Geschlechterrollen hinterfragt, bösen Monstern die Chance gibt, sich als freundliche Wesen herauszustellen, herausarbeitet, dass oft ein gutes Gespräch viel sinnvoller ist als ein erbitterter Kampf und am Schluss die Versöhnung und das Miteinander feiert. Die vielen kreativen Gedanken, sowohl inhaltlich wie auch inszenatorisch, suchen ihresgleichen und machen große Lust, sich auch mal wieder auf ein Abenteuer zu begeben. Und wie endet das Märchen vom Theater Zitadelle? Natürlich mit den Worten, die alle kennen: „und wenn sie gestorben sind, dann leben sie heute nicht mehr“; so war das doch, oder?