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Veranstaltungsinfo

Mi, 08.01.2020
19:00 Uhr
Ausstellung

Eintritt frei

Tom Hegen: HABITAT – Vom Menschen geprägte Lebensräume

Die Ausstellung von Tom Hegen zeigt die Beziehung zwischen Mensch und Natur durch beeindruckende Luftaufnahmen. Er inszeniert den Blick auf unsere Erde und verleiht den vom Menschen geprägten Landschaften eine Ruhe und Schönheit, die fasziniert aber auch nachdenklich macht und zeigt, dass kaum ein Flecken Erde noch unberührt ist.
Wir schmieren Asphalt auf den Erdboden und machen ihn zu Straßen. Wir bohren Löcher in den Boden, um die natürlichen Ressourcen der Erde anzuzapfen. Wir bauen an, tragen ab, kultivieren, sprengen, roden, verbrennen, düngen, versiegeln, verschmutzen und vergiften. Mit dem Ergebnis, dass nur noch knapp ein Viertel der gesamten Erdoberfläche heute frei von menschlichen Spuren sind.

Die Ausstellung von Tom Hegen zum Bildband HABITAT zeigt die Beziehung zwischen Mensch und Natur durch Luftaufnahmen. Tom Hegen zeigt Landschaften, die durch menschliche Eingriffe stark verändert wurden. Die Aufnahmen laden die Betrachter*innen dazu ein, unseren Planeten aus einer neuen Perspektive zu entdecken, die Dimensionen menschlicher Eingriffe auf unserer Erdoberfläche zu verstehen und letztlich Verantwortung zu übernehmen.

Ob dreckige Bergwerke, mächtige Staudämme, eingepferchte Äcker oder asphaltierte Straßen, die Wälder zerteilen: Der Raubbau am Planeten ist eines der Themen unserer Zeit. Dabei wirkt der menschliche Eingriff in Umwelt und Natur alles andere als ästhetisch. Der Fotograf Tom Hegen kehrt diese Motive ins Gegenteil. Er inszeniert den Blick auf unsere Erde und verleiht den vom Menschen geprägten Landschaften eine Ruhe und Schönheit, die fasziniert aber auch nachdenklich macht und zeigt, dass kaum ein Flecken Erde noch unberührt ist. Seine Aufnahmen sind abstrakt und ästhetisch und laden ein, unsere Erde aus einer neuen Perspektive zu entdecken. Die vertikale Aufsicht ist visueller Nachhilfeunterricht, eine ungewohnte Schule des Sehens, ein Portrait unserer Zivilisation und eine Hommage an die Einzigartigkeit unseres Planeten: Die Siedlungen, Felder und Flüsse – spätestens aus Jetflughöhe erkennt das Auge in dem Chaos wohltuende Ordnungen. In diesem Sinne hilft das Luftbild-Makroskop zu erkennen, dass wir Teil eines faszinierenden, schützenswerten Planeten sind.

Georg Gerster, ein Pionier der Luftbildfotografie, schrieb über das Flugbild: "Höhe schafft Übersicht, Übersicht erleichtert Einsicht und Einsicht erzeugt – vielleicht – Rücksicht." Die Arbeit von Tom Hegen knüpft an diesen Ansatz an. Tom Hegen schafft durch Entfernung zum Motiv eine Annäherung an dessen Inhalt und bringt damit den Betrachter*innen die Beziehung zwischen Mensch und Natur näher. Aus Veränderung am Boden wird so Schönheit von oben, die Hegen aus einem ungewohnten Blickwinkel betrachten lässt.

Tom Hegen wurde 1991 in Augsburg, Deutschland geboren. Nach seinem Studium zum Kommunikationsdesigner arbeitet er als Fotograf und Grafik Designer. Seine Leidenschaft für die Fotografie und Natur hat sich während seines Zivildienstes in Neuseeland entwickelt. Heute verwendet er Gestaltungsprinzipien aus der visuellen Kommunikation in seinen abstrakten Luftbildfotografien. In seinen Fotoserien beschäftigt er sich mit den Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt und dokumentiert die Spuren, die der Mensch auf der Erdoberfläche in seiner Umwelt hinterlässt. 2018 hat er seinen ersten Bildband "HABITAT - Vom Menschen geprägte Lebensräume" veröffentlicht. Seine Arbeiten wurden mit renommierten Kreativpreisen, wie dem Red Dot Design Award, dem German Design Award oder dem International Photography Award ausgezeichnet und international in Ausstellungen präsentiert. Tom Hegen lebt heute in München und ist für seine Luftbildaufnahmen auf der ganzen Welt unterwegs.

Eröffnung Mi 08.01.2020 | 19:00
Einführung Sabine Zaplin, Kulturjournalistin
Im Anschluss wird im Rahmen der Eröffnung der Dokumentarfilm "Anthropocene – The Human Epoch" gezeigt. Weitere Informationen zur Filmvorführung finden Sie hier.
Dauer der Ausstellung Bis So 22.03.2020 zu den Öffnungszeiten des bosco und während der Abendveranstaltungen
 
Nach(t)kritik
Bedecke deinen Himmel, Zeus
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

Das Schöne liegt nah am Schrecklichen: aus der Senkrechtperspektive richtet der Fotograf und Graphik-Designer Tom Hegen den Blick auf die von Menschenhand veränderte Erdoberfläche. In seiner gerade im bosco zu sehenden Ausstellung „HABITAT“ zeigen die Fotografien Landschaften, die von Menschen geprägt, gestaltet, zerstört wurden. Ein Staudamm. Ein Bergwerk. Eine Straße, die einen Wald zerteilt. Bäume, die wie ein Rechenschieber angeordnet sind. Schnurgerade Furchen in einem Feld. 

Die Fotografien sind zunächst für einen Bildband entstanden, der im Jahr 2018 erschien und im vergangenen Jahr mehrfach ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem German Design Award.

„Ich fotografiere senkrecht nach unten“, erläutert Hegen im Gespräch. Dazu lehnt er sich aus der geöffneten Tür eines Hubschraubers heraus oder setzt Drohnen ein. Wichtig ist der direkte, senkrechte Blick auf die sich unter dem Auge des Betrachters ausbreitende Fläche. So wird dieses auf besondere Weise gelenkt: auf die Schönheit der Gestaltung ebenso wie auf deren Schrecken, der ihr innewohnt. „Ich benutze das Schöne als Lockmittel“, sagt er.

Die Herkunft des jungen Künstlers ist deutlich sichtbar: Tom Hegen sucht in seinen Fotografien den Schulterschluss mit dem Herangehend des Gestalters, er überträgt die Prinzipien des Graphik-Designs auf den Bildaufbau. Rechte Winkel werden eingehalten, Gestaltungsparameter befolgt, Kompositionsregeln angewendet. Das Ergebnis ist ein aufgeräumt wirkendes, nahezu abstraktes Bild, das bei Besuchern schon mal den Eindruck erzeugt, hier sei vielmehr mit dem Farbstift oder der Kreide gearbeitet worden als mit der Kamera.

Gerade durch das Aufgeräumte, Abstrakte wird der Betrachter auf sich selbst zurückgeworfen. Hier ist noch keine Wertung vermittelt, kein Urteil gefällt worden. Zunächst ist nichts anderes zu sehen als eine eindeutig gestaltete Fläche, die in ihrer Besonderheit als schön anmutet. Erst im Dechiffrieren des Motivs zieht der Betrachter die Parallelen zu eigenen Erfahrungen, entdeckt beispielsweise im Muster des Feldes die eigenen Ernährungsgewohnheiten, im Wahrnehmen der Abbauhalde die Energieproblematik.

„Die Götterperspektive einnehmen“, nennt Tom Hegen seinen besonderen Blick. Das ist beinahe ein Schlüsselbegriff: die Krise der Menschheit ist schon früh erzählt worden in der Prometheus-Sage. Prometheus, der den Göttern das Feuer stahl, um selber gestalten zu können, wird dafür mit ewig währendem Leid bestraft. Ein Gegenkonzept könnte Demut sein - gegenüber einer Erde, die einem ganz anderen Gestaltungskonzept folgt als dem mathematisch geprägten des Menschen.

Galerie
Bilder der Veranstaltung
Mi, 08.01.2020 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.