Es muss nicht unbedingt leichter sein, ein Violinkonzert zu spielen, wenn der eigene Vater am Pult steht, auch wenn bekanntlich Vater-Tochter-Beziehungen eine besondere Intensität haben können. Die Verständigung zwischen Dorian Keilhack und Alma Vivienne, die mit ihren 13 Jahren an der Musikhochschule Würzburg bereits das Pre College absolviert, klappte mühelos, und Alma schöpfte auch sichtlich immer wieder Sicherheit daraus. Die Souveränität verließ sie aber manchmal, was ganz sicher nicht an ihrem instrumentalen Können lag. Als frisch gekürte Bundessiegerin bei Jugend Musiziert in ihrer Altersklasse zeigte sie erst vor wenigen Wochen, über welche herausragenden Qualitäten sie verfügt. Und auch in der solistischen Bach-Zugabe überzeugte die junge Geigerin mit höchster Konzentration und Selbstbeherrschung. Aber eine gewisse Restnervosität kann durchaus schon mal üble Streiche spielen. Doch Alma ließ sich nicht aus dem Konzept bringen und meisterte das Bruch-Konzert g-Moll op. 26 mit klarem Ausdruck und großer Musikalität.
Besonders schwere und knifflige Sätze bzw. Passagen übt und probt man in der Regel viel intensiver. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sowohl Alma Vivienne Keilack als auch die Orchestervereinigung Gauting hier gerade dann zu Hochform aufliefen, wenn der Schwierigkeitsgrad eigentlich Schwachstellen erwarten ließe. So gemeinsam vorgeführt in Bruchs Finalsatz mit seinem bravourös-virtuosen Beginn. Die Orchestervereinigung bestach mit Straffheit und Substanzfülle, die Alma bisweilen einen resoluten Strich abverlangten, den sie dann mit viel Fingerspitzengefühl gegen jegliche Banalität erfolgreich verteidigte. Herausragend fiel vor allem die Schlüssigkeit im gemeinsamen Aufbau aus, der seine fesselnde Dramaturgie auch im lyrischen Teil klar offenbarte. Nachdem Alma im Adagio schon empfindsame Zartheit vorgeführt hatte, ging es nun um Leidenschaft im weitschweifenden Gesang. Mit dieser emotionalen Ausprägung formten Orchester wie Alma behutsam und allmählich eine fulminante Schlussinszenierung. Besonders souverän meisterte Alma auch die Mehrstimmigkeit im Kopfsatz, während das Orchester dazu reiche Farbigkeit austarierte.
Es war wieder einmal eines dieser Konzerte, in dem das Orchester einen ordentlichen Satz nach vorne tat. Im Grunde war dies schon im hochdramatischen Einstieg mit der Ouvertüre zu „Coriolan“ c-Moll op. 62 von Beethoven klar. Das mitdenken der Pausen zwischen den Akkorddonnern, die starken Kontraste zwischen diesem energischen Drängen und der geschmeidigen Melodik sowie der effektive Spannungsaufbau lieferten schließlich beste Voraussetzungen, einen geheimnisvoll verschatteten Schluss hinzubekommen, der enorm viel Atmosphäre vermittelte und schon von höheren Weihen zeugte.
An diese Qualitäten knüpfte das Orchester mit der „italienischen“ Sinfonie A-Dur op. 90 von Mendelssohn wieder an und eröffnete sie munter und frisch in schwungvoller Straffheit. Der Kontrast zwischen forscher Strenge und geschmeidiger Lyrik übte schon eine starke Wirkung aus. Klangschön austarierte, vor allem im Andante, bewies das Orchester Gespür für kollektive Ausdrucksformung, auch wenn sich im dritten Satz eine gewisse Ermüdung in der Homogenität zeigen sollte. Aber Dorian Keilhack am Pult weiß es allzu genau: Wenn der Schlusssatz erstklassig kommt, ist alles gut. Der mit „Saltarello. Presto“ überschriebene Satz ist zwar schwer zu nehmen, doch das Orchester zeigte sich bestens vorbereitet, ein großes Finale zu liefern. Mit spritziger Leichtigkeit und schlanker Linien bot die Gautinger Orchestervereinigung hier ein Meisterstück ab. Die Rhythmisierung wie auch die rasanten Streicherläufe kamen absolut präzis, fügten sich auch nahtlos in den dramaturgischen Aufbau, der für eine überzeugende Homogenität sorgte. Die stets frenetischen Ovationen waren nicht nur verdient, sondern auch hart erarbeitet.