Nach(t)kritik
40 Jahre stilles Feuerwerk
Veranstaltung: Faltsch Wagoni: Palast abwerfenFaltsch Wagoni?
Vor vierzig Jahren...?
Da dada da - war doch was...?!
Fragil, subtil noch instabil
dämmert was im alten Kopf - trug sie nicht damals einen Zopf?
Needochjaja - das war doch so ein junges Paar
das trug doch schon vor Jahren
seine Haaren
in wilden Mähnen auf den Zähnen
und setzte sowohl Pointen wie Gefühlen, so raffiniert zwischen die Stühlen..!
Schon nach dem ersten wortakrobatischen Spagat von Interogativ nach Konjuktiv taucht
es auch wieder auf:
dieses junge g´fegate Pärchen, das musikalisch gepolsterten Nonsense zwischen Dada, Kalauer und Tiefschürfung versprüht!
Und heute, vierzig Jahre später? Sind sie nur noch g´fegat und großartig.
"Palast abwerfen" - Faltsch Wagoni hält, was der Programmtitel verspricht:
damals wie heute bauen die beiden nicht auf spektakuläre äußere Licht- oder Technikeffekte.
Alles von ihnen innen. Alles echt - gesungen, gespielt, geklopft, gezupft, geradebrocht. Verdichtet, versonnen, verspielt und einfach sehr gut gemacht!
Ganz ohne moralischen Zeigefinger gehen sie auf Beutefang im Internet ("Load it down"), beleuchten "Verarmleuchterungen", navigieren mit SUVs durch die Innenstädte unserer zeitgenössischen Befindlichkeiten, erleuchten die Fragwürdigkeiten des Zeitgeists mittels einer instabil-labilen Kreuzfahrt oder der Erforschung perforierter Haushalts-, schwarzer und anderer Löcher.
Und in einer der Nummern plötzlich
unvermittelt, so leise und unaufgeregt, daß man hinterher gar nicht mehr weiß, was
g e n a u sie jetzt gesagt, gesungen, geflüstert haben, geht es um´s Menschliche. Um´s Befremdliche, wenn das Mitmenschliche uns abhanden ... und wir vor dem Fremden oder dahinter ... fluchtartig oder um Zuflucht ... wer gewährt wem... wer öffnet die Grenzgänge...
und wohin mit der Kunst...
"Wenn ich du wäre“ (so einer der Song-Titel)
verehrtes Bosco-Publikum,
würde ich mir die alten Faltsch Wagonis und ihr neues Programm
nochmal und nochmal
um mehr und mehr
Töne zwischen den Zeilen
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.