Nach(t)kritik
An Bord der Cobario
Veranstaltung: Cobario: Zehn WeltenEine Reise über „Seven Seas“, von „Nizza“ an den „Cliffs of Dover“ vorbei und hinüber zu „El Mariachi“. Unterwegs ein paar Tiere an Bord der musikalischen Arche aufgenommen, die Katze Blue, den Esel Zigo und die Raubtiere vom Stamm der Nemesis. Fort sein, unterwegs und vor allem „weit weg“, so weit, dass die Sinne irgendwann in tiefste Tiefen spüren, hinunter, „deep down sea“. Ein Konzert mit Cobario - Achtung: die Betonung liegt hier auf der vorletzten Silbe - ist ein Abenteuer unter vollen Segeln, eine Expedition auf den Tragflächen der Musik. Reisesouvenirs in Form von leidenschaftlichem Flamenco, lebensfroher Musette, den Klängen des Orients und der Wiener Kaffeehäuser, irischer Häfen, ungarischer Ebene oder rumänischer Wälder - das alles ist Cobario. Das alles gab es heute abend im bosco zu hören.
Cobario, das sind der hochmusikalische Geiger Herwig Schaffner alias Herwig - auch auf der Bratsche unterwegs; der exzellente Gitarrist Jakob Lackner alias El Coba und der nicht minder exzellente Gitarrist Georg Eichberger alias Giorgio Rovere. Die drei haben - damals noch mit einem anderen Gitarristen - nach Jahren an Konservatorien und in Konzertsälen als Straßenmusiker ihren Sound gesucht, gefunden und geschärft und auf diese Weise ganz Europa und die halbe Welt bereist. Mittlerweile sind sechs Alben entstanden, mit „10 Welten“, dem jüngsten Werk, waren sie in Gauting zu Gast. Ehrensache, dass sie auch Nummern aus den früheren Alben hier vorstellten.
Es ist die Kombination aus höchster Perfektion und virtuoser Spontaneität, was den besonderen Charme dieses Saitentrios ausmacht. Sie musizieren auf einem gemeinsamen Atem, sprechen dieselbe musikalische Sprache und kommunizieren über Rhythmus und Harmonien auf eine Weise, die Lust auf immer noch mehr macht.Wenn man die Augen schließt, ist man mit ihnen auf Reisen, auf unbekannten Wegen in nicht immer ganz unbekannten Vehikeln. Der Funke springt über, in den Stücken, auch in den so wunderbar Wienerischen Moderationen, die sie immer wie eine kleine Plauderei auf der Bühne gemeinsam übernehmen. Worldmusic nennt man heute solche Formen, gerne auch mal Crossover. Doch im Grunde lässt sich Cobario mit seinen so verschiedenen und immer wieder gleich überzeugenden Musiktiteln nicht so leicht auf einen Nenner bringen. Kein Wunder: das gilt ja auch für die so verschiedenen Häfen, die das Trio während seiner 10-Welten-Reise ansteuert. Aber egal: sie sind in all diesen Häfen zuhause, docken überall an, ohne sich selbst dabei zu verraten. Jede Nummer, so geprägt vom jeweiligen Stil einer der zehn Welten sie auch sein mag, ist dennoch eindeutig Cobario. Unverwechselbar. Und vor allem: mit Suchtpotential. Nur unter Protest lassen die Gautinger die drei Musiker schließlich von der Bühne gehen. Zu den zehn Welten ist heute noch eine elfte gekommen.
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.