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Nach(t)kritik

Sa, 19.06.2021
17.30 Uhr

Das Lächeln einer Sommernacht

Veranstaltung: David & Danino Weiss Quartett feat. Wolfgang Lackerschmid: The New Gipsy Sound The New Gipsy Sound

Man hätte diesen heissen Sommerabend kaum besser verbringen können als im angenehm kühlen Saal des bosco bei dem Konzert mit dem David & Danino Weiss Quartett und ihrem Stargast Wolfgang Lackerschmid. Die Hitze, welche die fünf Musiker entstehen ließen, genügte vollkommen und trat in eine produktive Konkurenz mit jener, die sich draußen vor den Fenstern zu bedrohlichen Wolken auftürmte.

„The New Gipsy Sound“ versprechen die beiden Jazzmusiker David und Danino, Vertreter der jüngeren Generation der berühmten Musikfamilie Weiss. Und nun könnte man an dieser Stelle eine lange Betrachtung darüber anstellen, ob das Wort „Gipsy“ überhaupt noch opportun ist und wie sich die musikalische Tradition einer berühmten Sinti-Familie in der Gegenwart korrekt bezeichnen ließe. Aber glücklicherweise ist Musik eine eigene Sprache, die Debatten mit ihren ganz eigenen Mitteln führt. Und so entsteht an diesem Abend im von unbändiger Spiellust geprägten Miteinander der fünf Musiker ein musikalisches Fest aus Jazzklassikern, Neuinterpretationen von Gipsymusik aus dem stilistischen Umfeld von Musikern wie Django Reinhardt und Einflüssen aus Latin oder Swing.

Das erste Set war vor allem der Samba gewidmet und ließ kaum einen Fuß still im Saal. Hier zeichnete Wolfgang Lackerschmid verantwortlich, der am Vibraphon wahre Feuerwerke entfachte. Einige Stücke aus seiner Feder fanden Eingang in den Teil vor der Pause, „Four notes“ beispielsweise, das auf vier Noten aufbaut und auf diesen eine ganze Geschichte aus Sommerleichtigkeit, Genussfreude, Freundschaft und Abenteuer aufbaut. Nach Tanz auf der Straße oder lange Nächte am Meer klingen auch die anderen Stücke des ersten Sets. Dabei sind Guido May an den Drums und Alexander Haas am Bass als eigene Erzählerstimmen prägend und schaffen gemeinsam mit Danino Weiss am Piano, David Weiss am Akkordeon und Wolfgang Lackerschmid am Vibraphon.

Den Abschluss des ersten Sets stellt ein verführerisch schönes Arrangement von „Rote Rosen“, jenem Chanson, den Hildegard Knef in die Welt hinaustrug, und damit war der Übergang gegeben zum eher romantisch geprägten zweiten Set. Hier brillierten die fünf Musiker nun mit musikalischen Geschichten von Lagerfeuer, Liebe und Melancholie - neu und hochspannend interpretierter Gipsy Sound.

David und Danino Weiss haben immer wieder einen regen musikalischen Austausch mit ihrem Onkel Traubeli Weiss, Gitarrist und Bandleader, gepflegt und von dessen umfangreichem Wissen viel mit ins eigene musikalische Reisegepäck gesteckt. Auf dieser Basis haben die beiden aufgebaut und sind dann ihrer Wege gezogen. Mit den Reisegefährten, die mit ihnen das Quartett bilden, mit Drummer Guido May und Bassist Alex Haas, haben sie eine phantastische Reise begonnen, die hoffentlich noch lange andauert. Und wenn unterwegs Gäste wie Wolfgang Lackerschmid dazustoßen, dann werden Traumziele erreicht.

„Sourire“, heißt die Zugabe am Ende des Konzerts, gewidmet hat David Weiss sie seiner Tochter, weil diese eben immer lächele. Und lächelnd beseelt von diesem großartigen Konzert verließ das Publikum den Saal, immer noch schwebend.

Sabine Zaplin, 20.06.2021


Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.