Nach(t)kritik
Ensemble Berlin: Zwischen kammermusikalischer Feinheit und orchestraler Größe
Veranstaltung: Ensemble Berlin: Solisten der Berliner PhilharmonikerVier Streicher und fünf Bläser sind zusammen im Grunde ein Orchester en miniature. Aber schon die Einzelbesetzung der Stimmen, die ein sorgfältiges Austarieren der Ensemblebalance verlangt, ist ein Indiz für den kammermusikalischen Zugriff. In diesem Umfeld bewegt sich die Herausforderung an das Ensemble Berlin, das schon traditionell alljährlich im Oktober in Gauting gastiert. Eine weitere Herausforderung ist zweifelsohne die Erweiterung des Repertoires um Werkbearbeitungen, die schon seit Jahren fürs Ensemble Berlin von Wolfgang Renz gemacht werden. Im Grunde sind Bearbeitungen heutzutage keine Seltenheit mehr in den Konzertprogrammen. Und doch sind so Extremfälle, wie die Übertragungen von reiner Klavierliteratur, eine heikle Angelegenheit. Gerade bei Mendelssohn, dessen Klavierstil zwischen Wiener Klassik und Romantik nicht nur klar pianistisch, sondern auch virtuos angelegt ist, kommt sowohl auf die Streicher wie auf die Bläser stets eine technisch knifflige Aufgabe zu. Pianistische Finessen wie pedalunterstützt wogend fließende Bewegungen oder ein Leggiero verlangen schon in der Streicher-Bläser-Besetzung meisterhafte Instrumentenbeherrschung, um einem Klavierwerk einigermaßen die Treue zu halten. In den „Trois Fantaisies ou Caprices“ op. 16 war dies nicht gar so schwierig, da es dort letztendlich vor allem auf den Ausdruck ankommen, weniger auf die Detailtreue. Mendelssohn charakterisierte in den drei Stücken die Töchter einer befreundeten Familie in Wales: Ernst und melancholisch die erste, quirlig und ruhelos die zweite, romantisch und schwärmerisch die dritte. Hier traf das Nonett des Ensembles Berlin absolut überzeugend die Charaktere der Mädchen, wie sie die Klavierfassung wohl kaum besser vermitteln kann.
Im Rondo Capriccioso, gesetzt für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott, konnte zwar über weite Strecken nah am Original interpretiert werden, doch wo die pianistische Textur im Sinne von Klangvolumen und Plastizität allzu dicht wurde, erwies sich gerade die weiche Bläsersubstanz deutlich anders geartet. Als eine eigenständige Schöpfung bestand jedoch sowohl Bearbeitung wie auch die geradezu rhapsodische Interpretation mit feinsinnigen emotionalen Gesten und einem stimmige Ineinandergreifen der Bestandteile. Perfekt war dies in einer Mozart-Bearbeitung möglich. Ohne Kenntnis des Originals für Klavierquintett mit Bläsern KV 452 hätte man diese großartige Bearbeitung für Oktett (ohne Flöte) für eine original mozartische Schöpfung halten können, zumal das Ensemble Berlin hier trotz der großen Besetzung den rein kammermusikalischen Parametern treu blieb. Dazu gehörten eine präzis ausbalancierte Ensemblehomogenität, tief empfundene Rücknahmen und vor allem ein einhelliges Empfinden, ist doch die Komposition insbesondere von der langen Largo-Einleitung im Kopfsatz und dann im zentralen Larghetto besonders auf die lyrische Charakteristik fokussiert. Andererseits aber auch auf eine erfrischende, muntere, teils folkloristisch anmutende Spielart wie im Allegro und Allegretto der Rahmensätze.
Dem Franzosen George Onslow gelang mit seinem Original-Nonett a-Moll op. 77 ein interessanter Brückenschlag zwischen kammermusikalischen Finessen und orchestralen Passagen, die klanglich kombinierte instrumentale Blöcke gegeneinander in Kontrast setzten. Was Mozart noch subtil im feinsten Changieren der Stimmen bewältigte, exponierte Onslow mutig als künstlerisches Mittel. In der Gestik imposanter aufgestellt, zeigte sich die viersätzige Komposition immer wieder symphonisch wie konzertant. Und das Ensemble Berlin beherrscht die hierbei dringend nötige Kunst der Übergänge großartig. Das Emporwachsen, Hervorgehen und Versinken geschah hier mit homogener Einfühlsamkeit und emotionaler Authentizität. Lang anhaltender, begeisterter Applaus und eine Wiederholungszugabe.
Im Rondo Capriccioso, gesetzt für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott, konnte zwar über weite Strecken nah am Original interpretiert werden, doch wo die pianistische Textur im Sinne von Klangvolumen und Plastizität allzu dicht wurde, erwies sich gerade die weiche Bläsersubstanz deutlich anders geartet. Als eine eigenständige Schöpfung bestand jedoch sowohl Bearbeitung wie auch die geradezu rhapsodische Interpretation mit feinsinnigen emotionalen Gesten und einem stimmige Ineinandergreifen der Bestandteile. Perfekt war dies in einer Mozart-Bearbeitung möglich. Ohne Kenntnis des Originals für Klavierquintett mit Bläsern KV 452 hätte man diese großartige Bearbeitung für Oktett (ohne Flöte) für eine original mozartische Schöpfung halten können, zumal das Ensemble Berlin hier trotz der großen Besetzung den rein kammermusikalischen Parametern treu blieb. Dazu gehörten eine präzis ausbalancierte Ensemblehomogenität, tief empfundene Rücknahmen und vor allem ein einhelliges Empfinden, ist doch die Komposition insbesondere von der langen Largo-Einleitung im Kopfsatz und dann im zentralen Larghetto besonders auf die lyrische Charakteristik fokussiert. Andererseits aber auch auf eine erfrischende, muntere, teils folkloristisch anmutende Spielart wie im Allegro und Allegretto der Rahmensätze.
Dem Franzosen George Onslow gelang mit seinem Original-Nonett a-Moll op. 77 ein interessanter Brückenschlag zwischen kammermusikalischen Finessen und orchestralen Passagen, die klanglich kombinierte instrumentale Blöcke gegeneinander in Kontrast setzten. Was Mozart noch subtil im feinsten Changieren der Stimmen bewältigte, exponierte Onslow mutig als künstlerisches Mittel. In der Gestik imposanter aufgestellt, zeigte sich die viersätzige Komposition immer wieder symphonisch wie konzertant. Und das Ensemble Berlin beherrscht die hierbei dringend nötige Kunst der Übergänge großartig. Das Emporwachsen, Hervorgehen und Versinken geschah hier mit homogener Einfühlsamkeit und emotionaler Authentizität. Lang anhaltender, begeisterter Applaus und eine Wiederholungszugabe.
Reinhard Palmer, 12.10.2015
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.