Nach(t)kritik
Feinste musikantische Qualitäten
Veranstaltung: László Fenyö & Marianna Shirinyan: Bach Beethoven Bartók BrahmsBach, Beethoven, Bartók, Brahms: Die großen B’s der Musikgeschichte hatten wohl viel gemeinsam. Jedenfalls erwies sich das Programm als sehr stimmig, wobei allerdings die Interpretationen hier einen wesentlichen Anteil an dieser runden Sache hatten. Der Ungar László Fenyö (Violoncello) und die Armenierin Marianna Shirinyan (Klavier) harmonieren im Temperament, was sich in der Musik als ein überaus homogener Zugriff äußerte. Und der eroberte das bosco-Publikum im Sturm, mit Leidenschaft, hochemotionalem Spiel, aber auch zärtlichster Empfindsamkeit.
Auch wenn Zoltán Kodály hier nur eine Transkription Bachs drei Orgel-Choralvorspiele beigesteuert hatte, ließ sich sein K unter den B’s nicht ignorieren. Seine Version dieser von der freien Improvisation her kommenden Stücke setzte sich über den sinnierenden Charakter der Orgeloriginale hinweg. Extreme Kontraste zwischen dem lyrischen Cantus firmus und den überdimensionierten Überleitungen, die Kodály mit voller pianistischer Wucht spielen lässt, machten die Choralvorspiele von Bach zu eigenständigen Werken von nahezu explosiver Kraft.
Die Intensität und Expressivität der Interpretationen rührten in dem Konzert wohl vor allem da her, dass beide preisgekrönten Musiker etwas vom musikantischen Fach verstehen. In der Rhapsodie von Bartók sind die folkloristischen Fähigkeiten des Duos deutlich zutage getreten. Die zwei Csárdás-Sätze, Lassú und Friss, hätten wohl kaum authentischer erklingen können. Gemeint ist aber nicht nur das derbe Poltern und der temperamentvolle Schmiss im Spiel, sondern auch die blühenden Nuancen in der Klangdifferenzierung und der vergnügliche Schwung im Paartanz Friss. Letztere Qualitäten fanden sich auch in Bachs kontrapunktisch aufgebauter Gambensonate B-Dur BWV 1027. Doch dort nahmen sich beide Musiker angemessen zurück und verschlankten sowohl den Klang sowie die Substanzplastizität. Die innige Kopfsatz-Melodie wie auch generell die mäandernde Melodik Bachs entführten in die Sphäre zärtlichster Empfindungen. Das wuchtige, überdimensionierte Scherzo wie auch der Schlusssatz setzten indes ungeheuer viel Energie frei, die das Duo Shirinyan Fenyö aber auch wirkungsvoll zu kanalisieren verstanden.
Das musikantische Spielvermögen brachte auch der älteren Literatur viele Reize und wirkungsvolle Entwicklungen. Das war schon in Beethovens C-Dur-Sonate op. 102/1 der Fall. Eins der Spätwerke, die in dieser Phase seine Zeitgenossen allgemein überforderten. Improvisatorische Freiheit brachte auch Beethoven ins Spiel. Die formale Bindung lockerte sich dadurch und öffnete einen großen Raum für Auslegungen der Fantasie ähnlichen Anlage – unterbrochen von hochdramatischen, kraftvollen Momenten.Brahms erging es ähnlich wie Beethoven: Auch seine Zeitgenossen verstanden seine Musik nicht mehr. Tatsächlich entsprechen die einzelnen Sätze der Sonate kaum der tradierten Form. Das zentrale „Adagio affettuoso“ interpretierte das Duo mit großer Vorsicht und Sorgfalt. Die beiden letzten Allegro-Sätze bewiesen indes einen höchst emotionalen Hintergrund. Beide Musiker des Abends agierten bis zum Schluss nicht nur mit höchster Präzision, sondern auch mit größter Hingabe. In den beiden Rachmaninow-Werken der Zugabe – langsamer Satz der Cellosonate und das betörende „Vocalise“ – vermochten diese geballte Energieladung nur langsam abzubauen. Mit ganzer Kraft des beseelten Cellogesangs wie auch mit feinsten, perlenden Glöckchenklängen pianistischer Begleitkunst.
Auch wenn Zoltán Kodály hier nur eine Transkription Bachs drei Orgel-Choralvorspiele beigesteuert hatte, ließ sich sein K unter den B’s nicht ignorieren. Seine Version dieser von der freien Improvisation her kommenden Stücke setzte sich über den sinnierenden Charakter der Orgeloriginale hinweg. Extreme Kontraste zwischen dem lyrischen Cantus firmus und den überdimensionierten Überleitungen, die Kodály mit voller pianistischer Wucht spielen lässt, machten die Choralvorspiele von Bach zu eigenständigen Werken von nahezu explosiver Kraft.
Die Intensität und Expressivität der Interpretationen rührten in dem Konzert wohl vor allem da her, dass beide preisgekrönten Musiker etwas vom musikantischen Fach verstehen. In der Rhapsodie von Bartók sind die folkloristischen Fähigkeiten des Duos deutlich zutage getreten. Die zwei Csárdás-Sätze, Lassú und Friss, hätten wohl kaum authentischer erklingen können. Gemeint ist aber nicht nur das derbe Poltern und der temperamentvolle Schmiss im Spiel, sondern auch die blühenden Nuancen in der Klangdifferenzierung und der vergnügliche Schwung im Paartanz Friss. Letztere Qualitäten fanden sich auch in Bachs kontrapunktisch aufgebauter Gambensonate B-Dur BWV 1027. Doch dort nahmen sich beide Musiker angemessen zurück und verschlankten sowohl den Klang sowie die Substanzplastizität. Die innige Kopfsatz-Melodie wie auch generell die mäandernde Melodik Bachs entführten in die Sphäre zärtlichster Empfindungen. Das wuchtige, überdimensionierte Scherzo wie auch der Schlusssatz setzten indes ungeheuer viel Energie frei, die das Duo Shirinyan Fenyö aber auch wirkungsvoll zu kanalisieren verstanden.
Das musikantische Spielvermögen brachte auch der älteren Literatur viele Reize und wirkungsvolle Entwicklungen. Das war schon in Beethovens C-Dur-Sonate op. 102/1 der Fall. Eins der Spätwerke, die in dieser Phase seine Zeitgenossen allgemein überforderten. Improvisatorische Freiheit brachte auch Beethoven ins Spiel. Die formale Bindung lockerte sich dadurch und öffnete einen großen Raum für Auslegungen der Fantasie ähnlichen Anlage – unterbrochen von hochdramatischen, kraftvollen Momenten.Brahms erging es ähnlich wie Beethoven: Auch seine Zeitgenossen verstanden seine Musik nicht mehr. Tatsächlich entsprechen die einzelnen Sätze der Sonate kaum der tradierten Form. Das zentrale „Adagio affettuoso“ interpretierte das Duo mit großer Vorsicht und Sorgfalt. Die beiden letzten Allegro-Sätze bewiesen indes einen höchst emotionalen Hintergrund. Beide Musiker des Abends agierten bis zum Schluss nicht nur mit höchster Präzision, sondern auch mit größter Hingabe. In den beiden Rachmaninow-Werken der Zugabe – langsamer Satz der Cellosonate und das betörende „Vocalise“ – vermochten diese geballte Energieladung nur langsam abzubauen. Mit ganzer Kraft des beseelten Cellogesangs wie auch mit feinsten, perlenden Glöckchenklängen pianistischer Begleitkunst.
Reinhard Palmer, 11.03.2017
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.