Nach(t)kritik
Fragliches Programmkonzept
Veranstaltung: Quatuor Modigliani & Anneleen Lenaerts, Harfe: Debussy, Fauré, Korngold, Kreisler, RotaVor drei Jahren war das Quatuor Modigliani schon einmal im bosco dagewesen. Damals hatte gerade der Primarius der Gründungsbesetzung das Ensemble verlassen und die Lettin Elina Buksha sprang ein, bevor Amaury Coeytaux die Stelle einnahm. Das Ensemble überzeugte mit Werken von Schubert, Mozart und Mendelssohn. Längst ist das Ensemble wieder eine homogene Einheit und setzt seine Erfolgsgeschichte fort. Die Leihgabe meisterhafter Instrumente aus dem 17. und 18. Jahrhundert sorgt für ein vollmundig samtenes Kolorit, mit dem jede Interpretation eine klare Handschrift des Quatuor Modigliani trägt.
Im ersten, konsistenten Konzertteil spielte gerade der farbliche Aspekt eine große Rolle, wie immer, wenn es um französische Komponisten – erst recht des Impressionismus – geht. Zweifelsohne beherrschen Franzosen selbst diese Besonderheit am besten. Auch das Quatuor Modigliani demonstrierte hier meisterlich, wie Debussys Musik zu spielen ist. Es geht eben nicht um einzelne Stimmen die ausbalanciert werden. Bei Debussy dachten die Musiker immer in der Klangsubstanz, die sich wie eine eigentümlich luftig-plastische Materie permanent verformt und dabei feinsinnig die Farben changieren lässt. Wie das Vorbild von César Franck hat auch Debussys frühes Streichquartett g-Moll einen eingewobenen thematischen Faden, der unterschwellig für Konsistenz sorgt. Aber das Ensemble des Abends machte deutlich, dass der Ausdruck im Vordergrund zu stehen hat, der aus der Gesamtheit der Zutaten hervorgeht.
Harfe ist im Grunde das impressionistische Instrument schlechthin. Faurés Studentenprüfungsstück Impromptu Des-Dur op. 86 für Harfe solo gab der Belgierin Anneleen Lenaerts daher die Möglichkeit, ihr prachtvolles Instrument sehr wirkungsvoll einzubringen. Lenaerts folgte hier dem gleichen Prinzip, überzeugte aber nicht nur mit der Formung der Klangfülle, sondern vor allem mit einer konsistenten Phrasierung, mit der sie einen weiten Spannungsbogen aufzog. Seine zwei Tänze komponierte Debussy im gleichen Jahr 1904. „Danse sacrée“ und „Danse profane“ hängen untrennbar miteinander verbunden wie zwei Seiten einer Medaille. Das Spiel mit exotischen Harmonien verlieh dem Streicher unterlegten Werk etwas Entrücktes, ja Visionäres, ohne dabei an Klarheit zu verlieren. Auch hier überzeugten die Musiker mit warmtoniger Leuchtkraft.
In der zweiten Programmhälfte hatte man indes Mühe, das Konzept zu erkennen. Wenn da nicht Werke des 20. Jahrhunderts zum Vortrag gelangt wären, könnte man von einem Salon des 19. Jahrhunderts sprechen, wo eben einzelne Sätze gespielt wurden und bisweilen auch Unterhaltsames zu hören war. Sätze aus dem Kontext zu nehmen, hat aber immer etwas Fragmentierendes an sich, was gerade bei Kreisler in dessen Scherzo des a-Moll-Streichquartetts die Charakteristik in gewisser Weise verfälschte, zumal Korngolds Intermezzo aus dem Es-Dur-Streichquartett zuvor so wienerisch vergnügt daherkam. In dem Kontext verlor das Scherzo seine erzwungene Heiterkeit. Das Quatuor Modigliani verstand es natürlich, dennoch mit beiden Einzelsätzen anzusprechen, vor allem mit reizvollen Details und fesselnder Beredsamkeit. Lenaerts Interpretation von „Sarabanda et Toccata“ von Nino Rota schloss sich von der Diktion her aber eher an die erste Programmhälfte an, denn an die beiden Streichersätze. Am Kulminationspunkt des Programms dann Filmmusik-Suiten zu spielen, war selbst bei der meisterlichen Ausführung definitiv kein glücklicher Griff. Wer sich an die Bilder der Filme dabei zu erinnern vermochte, konnte vermutlich den eingängigen Melodien mehr Gehalt abgewinnen. Die Zugabe mit Rotas „The Taming of the Shrew“ zeigte sich etwas anspruchsvoller, konnte dann aber auch nicht mehr viel ausrichten.
Im ersten, konsistenten Konzertteil spielte gerade der farbliche Aspekt eine große Rolle, wie immer, wenn es um französische Komponisten – erst recht des Impressionismus – geht. Zweifelsohne beherrschen Franzosen selbst diese Besonderheit am besten. Auch das Quatuor Modigliani demonstrierte hier meisterlich, wie Debussys Musik zu spielen ist. Es geht eben nicht um einzelne Stimmen die ausbalanciert werden. Bei Debussy dachten die Musiker immer in der Klangsubstanz, die sich wie eine eigentümlich luftig-plastische Materie permanent verformt und dabei feinsinnig die Farben changieren lässt. Wie das Vorbild von César Franck hat auch Debussys frühes Streichquartett g-Moll einen eingewobenen thematischen Faden, der unterschwellig für Konsistenz sorgt. Aber das Ensemble des Abends machte deutlich, dass der Ausdruck im Vordergrund zu stehen hat, der aus der Gesamtheit der Zutaten hervorgeht.
Harfe ist im Grunde das impressionistische Instrument schlechthin. Faurés Studentenprüfungsstück Impromptu Des-Dur op. 86 für Harfe solo gab der Belgierin Anneleen Lenaerts daher die Möglichkeit, ihr prachtvolles Instrument sehr wirkungsvoll einzubringen. Lenaerts folgte hier dem gleichen Prinzip, überzeugte aber nicht nur mit der Formung der Klangfülle, sondern vor allem mit einer konsistenten Phrasierung, mit der sie einen weiten Spannungsbogen aufzog. Seine zwei Tänze komponierte Debussy im gleichen Jahr 1904. „Danse sacrée“ und „Danse profane“ hängen untrennbar miteinander verbunden wie zwei Seiten einer Medaille. Das Spiel mit exotischen Harmonien verlieh dem Streicher unterlegten Werk etwas Entrücktes, ja Visionäres, ohne dabei an Klarheit zu verlieren. Auch hier überzeugten die Musiker mit warmtoniger Leuchtkraft.
In der zweiten Programmhälfte hatte man indes Mühe, das Konzept zu erkennen. Wenn da nicht Werke des 20. Jahrhunderts zum Vortrag gelangt wären, könnte man von einem Salon des 19. Jahrhunderts sprechen, wo eben einzelne Sätze gespielt wurden und bisweilen auch Unterhaltsames zu hören war. Sätze aus dem Kontext zu nehmen, hat aber immer etwas Fragmentierendes an sich, was gerade bei Kreisler in dessen Scherzo des a-Moll-Streichquartetts die Charakteristik in gewisser Weise verfälschte, zumal Korngolds Intermezzo aus dem Es-Dur-Streichquartett zuvor so wienerisch vergnügt daherkam. In dem Kontext verlor das Scherzo seine erzwungene Heiterkeit. Das Quatuor Modigliani verstand es natürlich, dennoch mit beiden Einzelsätzen anzusprechen, vor allem mit reizvollen Details und fesselnder Beredsamkeit. Lenaerts Interpretation von „Sarabanda et Toccata“ von Nino Rota schloss sich von der Diktion her aber eher an die erste Programmhälfte an, denn an die beiden Streichersätze. Am Kulminationspunkt des Programms dann Filmmusik-Suiten zu spielen, war selbst bei der meisterlichen Ausführung definitiv kein glücklicher Griff. Wer sich an die Bilder der Filme dabei zu erinnern vermochte, konnte vermutlich den eingängigen Melodien mehr Gehalt abgewinnen. Die Zugabe mit Rotas „The Taming of the Shrew“ zeigte sich etwas anspruchsvoller, konnte dann aber auch nicht mehr viel ausrichten.
Reinhard Palmer, 12.12.2019
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.