Nach(t)kritik
Hinter jedem Türchen eine Welt
Veranstaltung: Fliegendes Theater Berlin: Der magische AdventskalenderSo ein Adventskalender ist ein einziges großes Versprechen.Jedes Türchen hält eine Überraschung bereit, an jedem Tag. Genauso ist es mit dem Theater: hinter den Saaltüren, hinter dem Vorhang wartet eine Überraschung - immer wieder. Im besten Fall ist es eine so noch nie gesehen, gehörte Geschichte. Eine solche Geschichte erzählt das Fliegende Theater Berlin mit seinem Menschen-und-Puppenspiel „Der magische Adventskalender“.
Die Geschichte vom übergroßen Adventskalender, welcher der auf wunderbare Weise Kind gebliebenen Frau Simon eines Tages geliefert wird, schafft eine geniale Basis für die besondere Verbindung aus Puppenspiel und Menschenschauspiel, für die das seit vierzig Jahren bestehende Fliegende Theater (das inzwischen dank einer festen Spielstätte nicht mehr ganz so viel fliegen muss). Ein kleiner Engel geleitet Frau Simon, gespielt von Edelgard Hansen, durch jene Geschichte, die sich hinter den 24 Türchen verbirgt und in der es um einen überforderten Nikolaus, ein verlorenes Schäfchen, wuselige Weihnachtswichtel und einen griesgrämigen Weihnachtsmuffel geht. Dann gibt es noch eine Werkstatt für Weihnachtsgedichte und drei alte weise Männer, die seltsame Sprachen sprechen und einen Stern suchen.
Dabei passiert eine ganze Menge Lustiges und auch Unheimliches: der Nikolaus muss an Weihnachten aushelfen und bleibt im Kamin stecken, ein kleiner Vogel erfriert beinahe in dem von Frau Simon herbeigewünschten Schnee, der Weihnachtsmuffel wirft den Weihnachtsbaum um und Frau Simon sieht sich selber als kleines Mädchen einen Wunschzettel schreiben. In der gut ausgewogenen Balance zwischen Poesie und pfiffigen Pingpong-Dialogen, bei denen sich Mensch und Puppen die Bälle zuspielen, gibt der Adventskalender nach und nach seine Geheimnisse preis - ganz ohne dabei seinen Zauber zu verlieren.
Die Zuschauerkinder sind von Anfang bis Ende vollkommen dabei. Sie helfen mit Kommentaren, die richtigen Türchen zu finden, sie entdecken zusammen mit Frau Simon den nahenden Nikolaus, und sie erschrecken sehr über den bösen grauen Weihnachtsmuffel, der tatsächlich ein bisschen unheimlich ausschaut. Als dann aus der großen Frau Simon in dem Moment, als sie in den Adventskalender hineinsteigt, eine kleine Puppen-Frau Simon wird, der von all den anderen Puppen ein alter Herzenswunsch erfüllt wird, staunen die Kleinen nicht schlecht. Und sind ein weiteres Mal überrascht, als der Spieler und Sprecher aller Figuren - Rudolf Schmid - hinter einem der Türchen hervorlugt.
So hielt also der 11. Dezember für die Gautinger Kinder eine ganz besondere Adventskalender-Überraschung bereit. Angefüllt mit Poesie und phantasievollen Geschichten stapften sie durch den frischen Schnee, der als Krönung heute auch noch gefallen war, wieder zurück in die Kindergärten und Klassenzimmer. Jetzt kann es Weihnachten werden.
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.