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Nach(t)kritik

Sa, 09.12.2023
20.00 Uhr

"Je größer die Angst vor der Zukunft: Lachen Sie!"

Veranstaltung: Michael Frowin: Selten so gelacht - Der Praxistest

„Selten so gelacht“ – und das in Krisen-Zeiten. Denn beim Praxistest im Gautinger bosco riss der begnadete Kabarettist und Chanson-Sänger Michael Frowin sein Publikum einfach mit. Fernab von jeglicher PC  begeisterte der vielseitige Leiter des „Theaterschiffs Hamburg“ in seinem neuesten  Programm mit seinem vergifteten klugen Humor, aber auch astreiner Politsatire.
„Je größer die Angst vor der Zukunft: Lachen Sie“, empfahl Michael Frowin seinem Gautinger Publikum im wohl Wetterbedingt leider nicht ausgebuchten bosco-Saal. Denn Lachen „ist gesund, lockert Blockaden.“ Und wer lacht, „hat den besseren Sex und lebt länger.“
Laut Lachforschern begann die menschliche Evolution nämlich nicht mit Sprache, sondern mit dem gemeinsamen Lachen, weiß der Satiriker. Wenn unsere verfeindeten Urahnen einst „mit heruntergelassenen Hosen“ voreinander standen, wurde gelacht. Und sofort herrschte Waffenstillstand, versichert der Kabarettist.
Die Lacher sind ihm gewiss, als Michael Frowin über den Schizophrenen spricht, der nach dem Sex fragt: „Wer war ich?“ Glänzend parodiert der  ausgebildete Schauspieler auf der Bühne Robert Habeck, wie er sich im TV-Polittalk “Maischberger“ nach der Frage „Erwarten Sie Insolvenzen?“ erst mal windet um zu antworten: „Firmen sind nicht insolvent. Sie produzieren weniger.“  
Olaf Scholz habe zum Warburg-Cum-Ex-Steuer-Skandal nur noch ein „Ich erinner` nix“ parat. Und sein Gegenspieler Friedrich Merz bekämpfe jetzt die  Bürgergelderhöhung, während er die Steuerzahler zuvor bei   „Black Rock“ um 30 Milliarden erleichtert habe.
Aber die Deutschen „werden nicht wütend“, selbst wenn einer wie Christian Lindner das Klischée „arm und faul“ bediene. Da gingen die Omas halt auf Demos, hielten ihr Salatsieb unter die Wasserwerfer. Denn den Pfefferspray als Würze gebe es ja obendrein gratis, so Frowin unter schallendem Gelächter.
In einer phantastischen Nummer demonstriert der Pantomime den Lachyogakurs mit KI bis zum Zwerchfell.
„Darf man noch alles sagen?“ Ja klar – nur die Konsequenzen müsse jeder selber tragen:
Wie die Berliner Grünen-Abgeordnete Bettina Jarasch, die unreflektiert von ihrem Kindheitstraum „Indianerhäuptling“ schwärmt statt vom „Native American.“
Schallendes Gelächter: Im zweiten Programmteil tritt Michael Frowin mit der Burka auf – und dem Boogie-Woogie-Song „Unter meiner Burka bleib` ich Kavalier.“
Religion sei eben „das Gegenteil von Humor“, erinnert der Pastorenenkel an den ans Kreuz genagelten Jesus. Eine katholische Krankenschwester verliere noch heute ihren Job, wenn sie sich als lesbisch outete. Vom vertuschten Missbrauchsskandal ganz zu schweigen.  
Und was ist der Unterschied zwischen Jesus und Casanova? „Der Gesichtsausdruck beim Nageln.“ Und da bleibt der einen oder anderen im Publikum doch kurz hörbar das Lachen im Halse stecken.
Köstlich ist Frowins Lach-Nummer mit der hochbetagten Schwiegermutter, die ihre Patientenverfügung mit „Scarlett O`Hara“ unterschreibt – aus „Vom Winde verweht.“ Den am Lebensende unbedingt zu vermeidenden aufheiternden  Klinik-Clown identifiziert die zittrige Greisin leider als ihren längst verstorbenen Liebhaber.
So erhält die verwirrte Patientin noch mit 100 eine künstliche Hüfte von „Professor Brinkmann“ aus der „Schwarzwaldklinik.“
Beim finalen Yoga-Lachtraining mit Michael Frowin bleibt kein Auge trocken: Das Gautinger Publikum im Alter 60 plus stimmt begeistert ein. Denn den „Normlacher rückwärts“ dieses glänzenden Kabarettisten muss man einfach „live“ miterlebt haben.

Christine Cless-Wesle, 10.12.2023


Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.
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Sa, 09.12.2023 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.