Nach(t)kritik
Klarheit in Klang und Emotion
Veranstaltung: Gedenkkonzert: Anlässlich des 75. Geburtstags von Rainer A. KöhlerEr freute sich, wenn man sich für seine Werke begeisterte, wurde dennoch verlegen, wenn man darüber sprach. Die Worte der Würdigung durch Altbürgermeister Dr. Ekkehard Knobloch hätten ihm daher gefallen: schnörkellos, frei von Pathos und sehr persönlich. Zumal der Anlass ja kein Todestag, sondern der 75. Geburtstag war, den Rainer A. Köhler am 17. September gefeiert hätte. Irgendwie ist er im bosco immer noch präsent, denn alles läuft weiter so, als wäre nichts passiert. Als könnte er wie gewohnt seinen Platz in der neunten Reihe einnehmen und seine Kamera starten, mit der er so viele Konzerte für seinen privaten Gebrauch aufgezeichnet hat.
Er hinterließ viel Gutes, als einst engagierter Gemeinderat, als herausragender Architekt, als umtriebiger Kulturverfechter, als bosco-Mitgestalter und vor allem als Initiator und langjähriger Leiter des Klassikforums. Rainer A. Köhler mit einem Konzert zu würdigen, war denn auch sicher die schönste und treffendste Form der Erinnerung, zumal es auch ein Konzert so ganz nach seinem Zuschnitt war – voll feinsinniger Leidenschaft. Dass die Musiker kurzerhand die Reihenfolge der ersten beiden Werke tauschten, machte den Akt perfekt. Denn auch die 17 Variations sérieuses d-Moll von Felix Mendelssohn sind schnörkellos, aufrichtig und ohne große Gesten, worauf Matthias Kirschnereit am Flügel besonderen Wert legte.
Gewiss, die Variationen sind teils virtuos und hätten auch brillant sein können, wenn der Pianist die Zügel losgelassen hätte. Aber genau darum ging es Mendelssohn: Keine oberflächlichen Effekte, sondern aufgewühlte Seelentiefen, stets nah am verschatteten, doch inneren Frieden stiftenden Thema. Schließlich war das Werk auch für einen Sammelband gedacht, von dessen Erlös ein Beethoven-Denkmal hätte errichtet werden sollen. Zu der genannten Charakteristik trug auch die Transparenz in Kirschnereits Spiel bei, die immer wieder aus dem dichten Duktus klare Themen und Motive emporsteigen ließ.
Nüchtern wirkte das Werk jedoch keineswegs, hatte gar etwas Mysteriöses an sich, was im Streichtriosatz B-Dur D 471 von Schubert dann noch deutlicher zu spüren sein sollte. Auch Lena Neudauer (Violine), Wen Xiao Zhang (Viola) und Julian Steckel (Violoncello) pflegten die Klarheit, trafen ebenso auf Anhieb die adäquate Atmosphäre in dem deutlich Mozart und Haydn verpflichteten Werk. Auch wenn die Musiker des Abends kein festes Ensemble bilden, war gerade dieses homogene Zusammenspiel und die überaus ansprechende Klangformung im engen Ensembleverbund die Stärke dieser Konstellation. Obgleich die Verbindung aus Streichern und Klavier nicht gerade per se eine homogene ist.
Gerade bei Mendelssohn, der als Pianist hochvirtuose Klavierparts kreierte, ist das Zusammenspiel stets eine große Herausforderung, dem die Streicher des Abends mit einem dichten und sorgfältig austarierten Trio-Satz sowie der Pianist mit asketischem und weit zurückgenommenem Klavierpart begegneten. Mendelssohn tat gut daran, sich gerade in dieser Hinsicht an Beethoven zu orientieren. Und wenn man bedenkt, dass dieses op.2 des erst knapp 14jährigen Komponisten ebenso erst das zweite veröffentlichte Werk war, so fand das interpretierende Quartett darin doch überraschend viele Finessen in spieltechnischer wie klanglicher Hinsicht.
Das reife Werk des 32jährigen Schumann hatte allerdings weit mehr zu bieten, zumal mit blühender Romantik florierend. Hier wurde der Unterschied deutlich: Nach Klassiknähe von Mendelssohn durfte nun Schuman schwungvoller, fulminanter, satter und in den langsamen Sätzen und Passagen schwärmerischer, von Emotionen durchdrungen erklingen. Hier durften die Musiker schon mal aufbrausen, auch wenn sie die Grenze der kultivierten Zurückhaltung nie überschritten. Grandios das emotional entwaffnende Andante cantabile von berührender Empfindsamkeit im sanft fließenden Duktus, bevor das spritzig wirbelnde Vivace-Finale zum lang anhaltenden Applaus hinriss. Das Larghetto aus dem Es-Dur-Klavierquartett KV 493 von Mozart schlug eine weitere Seelenmassage drauf.
Er hinterließ viel Gutes, als einst engagierter Gemeinderat, als herausragender Architekt, als umtriebiger Kulturverfechter, als bosco-Mitgestalter und vor allem als Initiator und langjähriger Leiter des Klassikforums. Rainer A. Köhler mit einem Konzert zu würdigen, war denn auch sicher die schönste und treffendste Form der Erinnerung, zumal es auch ein Konzert so ganz nach seinem Zuschnitt war – voll feinsinniger Leidenschaft. Dass die Musiker kurzerhand die Reihenfolge der ersten beiden Werke tauschten, machte den Akt perfekt. Denn auch die 17 Variations sérieuses d-Moll von Felix Mendelssohn sind schnörkellos, aufrichtig und ohne große Gesten, worauf Matthias Kirschnereit am Flügel besonderen Wert legte.
Gewiss, die Variationen sind teils virtuos und hätten auch brillant sein können, wenn der Pianist die Zügel losgelassen hätte. Aber genau darum ging es Mendelssohn: Keine oberflächlichen Effekte, sondern aufgewühlte Seelentiefen, stets nah am verschatteten, doch inneren Frieden stiftenden Thema. Schließlich war das Werk auch für einen Sammelband gedacht, von dessen Erlös ein Beethoven-Denkmal hätte errichtet werden sollen. Zu der genannten Charakteristik trug auch die Transparenz in Kirschnereits Spiel bei, die immer wieder aus dem dichten Duktus klare Themen und Motive emporsteigen ließ.
Nüchtern wirkte das Werk jedoch keineswegs, hatte gar etwas Mysteriöses an sich, was im Streichtriosatz B-Dur D 471 von Schubert dann noch deutlicher zu spüren sein sollte. Auch Lena Neudauer (Violine), Wen Xiao Zhang (Viola) und Julian Steckel (Violoncello) pflegten die Klarheit, trafen ebenso auf Anhieb die adäquate Atmosphäre in dem deutlich Mozart und Haydn verpflichteten Werk. Auch wenn die Musiker des Abends kein festes Ensemble bilden, war gerade dieses homogene Zusammenspiel und die überaus ansprechende Klangformung im engen Ensembleverbund die Stärke dieser Konstellation. Obgleich die Verbindung aus Streichern und Klavier nicht gerade per se eine homogene ist.
Gerade bei Mendelssohn, der als Pianist hochvirtuose Klavierparts kreierte, ist das Zusammenspiel stets eine große Herausforderung, dem die Streicher des Abends mit einem dichten und sorgfältig austarierten Trio-Satz sowie der Pianist mit asketischem und weit zurückgenommenem Klavierpart begegneten. Mendelssohn tat gut daran, sich gerade in dieser Hinsicht an Beethoven zu orientieren. Und wenn man bedenkt, dass dieses op.2 des erst knapp 14jährigen Komponisten ebenso erst das zweite veröffentlichte Werk war, so fand das interpretierende Quartett darin doch überraschend viele Finessen in spieltechnischer wie klanglicher Hinsicht.
Das reife Werk des 32jährigen Schumann hatte allerdings weit mehr zu bieten, zumal mit blühender Romantik florierend. Hier wurde der Unterschied deutlich: Nach Klassiknähe von Mendelssohn durfte nun Schuman schwungvoller, fulminanter, satter und in den langsamen Sätzen und Passagen schwärmerischer, von Emotionen durchdrungen erklingen. Hier durften die Musiker schon mal aufbrausen, auch wenn sie die Grenze der kultivierten Zurückhaltung nie überschritten. Grandios das emotional entwaffnende Andante cantabile von berührender Empfindsamkeit im sanft fließenden Duktus, bevor das spritzig wirbelnde Vivace-Finale zum lang anhaltenden Applaus hinriss. Das Larghetto aus dem Es-Dur-Klavierquartett KV 493 von Mozart schlug eine weitere Seelenmassage drauf.
Reinhard Palmer, 20.09.2018
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.