Nach(t)kritik
Mozartsche Klarheit
Veranstaltung: Lauriane Follonier, Klavier & Jakob Fichert, Klavier: Mozart, Reger, Schachtner, Lutoslawski, BernsteinMozart zu vier Händen zu spielen, ist im Grunde ein Rückblick auf die Ursprünge der Gattung. Ob die Kompositionen, die schon der neunjährige Genius für sich und seine Schwester Nannerl schrieb, tatsächlich die ersten Werke zu vier Händen überhaupt waren, ist in der Musikwissenschaft nicht unumstritten. Fakt ist aber, dass die ersten Belege des vierhändigen Spiels an einem oder zwei Klavieren tatsächlich auf das Duo Mozart bezogen sind. Die Sonate D-Dur KV 381 komponierte Mozart sechzehnjährig, also als ein bereits in der Formensprache gewandter Komponist. Mit seiner kernigen Interpretation ging das Duo Lauriane Follonier und Jakob Fichert in der Heimspiel-Reihe zweifelsohne den richtigen Weg, gehört das Werk doch zugleich zu den kompakteren, sehr effizienten Schöpfungen Mozarts.
Die Salzburger Sonate ist das erste vollwertige Werk Mozarts zu vier Händen, zeigt aber bereits eine erstaunliche Bandbreite an Gestaltungsmitteln, die das Duo Follonier und Fichert auch in der ganzen Fülle nutzte. Mit Bedacht, aber wirkungsvoll. Vor allem anschlagstechnisch, was auch den ganzen Abend über das dominierende Ausdruckselement bleiben sollte, bei höchst sparsamer Anwendung des rechten Pedals. Mit der damit erreichten Klarheit und Entschiedenheit gelang es der Schweizerin und dem Engländer, das weitgespannte Repertoire gut in einem Programm unterzubringen. Und dies mit Werken, die bis in die Gegenwart hineinreichten.
Sowohl Folloniert wie auch Fichert bewegen sich recht ungeniert durch die ganze Musikgeschichte und haben einen fundierten Bezug zur zeitgenössischen Musik, was sich im Programm deutlich spiegelte. Die Überleitung in die neuere Zeit bewerkstelligte das Duo mit Regers Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op. 132a von 1914, eine eigenhändige Bearbeitung seines Orchesterwerks mit einer komplett neuen achten Variation. Der Weg der nach Brahmsscher Art weiterentwickelnden Variationen geriet durch die gemächliche Vorstellung des Kopfsatzthemas aus Mozarts Klaviersonate A-Dur KV 331 umso länger. Hier erlaubte der transparente Vortrag das sich von Variation zu Variation immer weiter entfernende Thema folienartig zu hinterlegen. Bis aus den Variationen letztendlich an Modernität zulegende Charakterstudien wurden und mit einer gehämmerten Fuge in Stein gemeißelt schienen.
Ähnlich und doch ganz anders die Mozart-Quadrille Johannes X. Schachtners von 2006: Auch er spürte analytisch die Potenziale mozartscher Musik auf, scheute aber nicht, sie schon mal rhythmisiert swingen zu lassen und sie auch mutig mit einem kernigen Groove zu untermauern. Schachtner nutzte geradezu den gesamten Tonraum der Flügel, was die Ausdruckskontraste umso mehr hervortreten ließ. Die jazzartige Formensprache nahm schon etwas von den Symphonischen Tänzen aus „West Side Story“ von Leonard Bernstein vorweg. Im Grunde handelt es sich dort um eine Suite aus bekannten Themen des Musicals. Dieses Werk zum fulminanten Finale zu machen, war insofern berechtigt, da die orchestrale Anlage eine starke Wirkung hinterließ, auch wenn die bluesig-jazzige Diktion hier etwas von der Dramaturgie des Abends abwich.
Obgleich relativ kurz, hätten dennoch eher die Variationen über ein Thema von Paganini des polnischen Komponisten Witold Lutosławski einen nachhaltigeren Höhepunkt abgegeben. Gerade die Ernsthaftigkeit sowie die spieltechnische Bravour, die Folloniert und Fichert brillant darboten, machte die Variationsreihe über das schmissig-kernige Thema besonders spannend. Da Warschau bereits von den Deutschen besetzt war, musste die Uraufführung im Café stattfinden. Lutosławski zählte diese Komposition tatsächlich aber auch zu den Kaffeehaus-Musiken, was angesichts der perlenden Leichtigkeit der Ausführung durchaus einleuchtete, ohne der Komposition die tiefgreifende Ernsthaftigkeit abzusprechen. Den eigentlichen Schluss bot aber „Der Schwan“ von Saint-Saëns in der Zugabe, wunderbar im Fluss und klangsatt ausgesungen.
Reinhard Palmer
Die Salzburger Sonate ist das erste vollwertige Werk Mozarts zu vier Händen, zeigt aber bereits eine erstaunliche Bandbreite an Gestaltungsmitteln, die das Duo Follonier und Fichert auch in der ganzen Fülle nutzte. Mit Bedacht, aber wirkungsvoll. Vor allem anschlagstechnisch, was auch den ganzen Abend über das dominierende Ausdruckselement bleiben sollte, bei höchst sparsamer Anwendung des rechten Pedals. Mit der damit erreichten Klarheit und Entschiedenheit gelang es der Schweizerin und dem Engländer, das weitgespannte Repertoire gut in einem Programm unterzubringen. Und dies mit Werken, die bis in die Gegenwart hineinreichten.
Sowohl Folloniert wie auch Fichert bewegen sich recht ungeniert durch die ganze Musikgeschichte und haben einen fundierten Bezug zur zeitgenössischen Musik, was sich im Programm deutlich spiegelte. Die Überleitung in die neuere Zeit bewerkstelligte das Duo mit Regers Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op. 132a von 1914, eine eigenhändige Bearbeitung seines Orchesterwerks mit einer komplett neuen achten Variation. Der Weg der nach Brahmsscher Art weiterentwickelnden Variationen geriet durch die gemächliche Vorstellung des Kopfsatzthemas aus Mozarts Klaviersonate A-Dur KV 331 umso länger. Hier erlaubte der transparente Vortrag das sich von Variation zu Variation immer weiter entfernende Thema folienartig zu hinterlegen. Bis aus den Variationen letztendlich an Modernität zulegende Charakterstudien wurden und mit einer gehämmerten Fuge in Stein gemeißelt schienen.
Ähnlich und doch ganz anders die Mozart-Quadrille Johannes X. Schachtners von 2006: Auch er spürte analytisch die Potenziale mozartscher Musik auf, scheute aber nicht, sie schon mal rhythmisiert swingen zu lassen und sie auch mutig mit einem kernigen Groove zu untermauern. Schachtner nutzte geradezu den gesamten Tonraum der Flügel, was die Ausdruckskontraste umso mehr hervortreten ließ. Die jazzartige Formensprache nahm schon etwas von den Symphonischen Tänzen aus „West Side Story“ von Leonard Bernstein vorweg. Im Grunde handelt es sich dort um eine Suite aus bekannten Themen des Musicals. Dieses Werk zum fulminanten Finale zu machen, war insofern berechtigt, da die orchestrale Anlage eine starke Wirkung hinterließ, auch wenn die bluesig-jazzige Diktion hier etwas von der Dramaturgie des Abends abwich.
Obgleich relativ kurz, hätten dennoch eher die Variationen über ein Thema von Paganini des polnischen Komponisten Witold Lutosławski einen nachhaltigeren Höhepunkt abgegeben. Gerade die Ernsthaftigkeit sowie die spieltechnische Bravour, die Folloniert und Fichert brillant darboten, machte die Variationsreihe über das schmissig-kernige Thema besonders spannend. Da Warschau bereits von den Deutschen besetzt war, musste die Uraufführung im Café stattfinden. Lutosławski zählte diese Komposition tatsächlich aber auch zu den Kaffeehaus-Musiken, was angesichts der perlenden Leichtigkeit der Ausführung durchaus einleuchtete, ohne der Komposition die tiefgreifende Ernsthaftigkeit abzusprechen. Den eigentlichen Schluss bot aber „Der Schwan“ von Saint-Saëns in der Zugabe, wunderbar im Fluss und klangsatt ausgesungen.
Reinhard Palmer
Reinhard Palmer, 20.10.2019
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.