Nach(t)kritik
Quatuor Modigliani (mit Elina Buksha): Kultivierte Spielfreude und Empfindsamkeit
Veranstaltung: Quatuor Modigliani: Schubert, Mozart, MendelssohnEs hat schon seine Berechtigung, dass das Quatuor Modigliani von Feuilletonisten in einem Satz mit dem Quatuor Ébène genannt wird. Und dies gilt auch, wenn mal krankheitsbedingt eine Vertretung im Ensemble Platz nimmt, zumal es sich um die so aus sich gehende und engagierte Geigerin Elina Buksha handelte. Die Lettin, die aus der Meisterschmiede von Ana Chumachenco hervorging, vermochte im geradezu kokettierenden Austausch mit ihren großartig aufeinander abgestimmten Mitspielern ihren Part in einem sensibel ertasteten Hochseilakt nahtlos hinein zu justieren. Was in dieser Formulierung vielleicht sehr mühsam klingt, gab sich de facto aber mit selbstverständlicher Leichtigkeit und geradezu euphorischer Spielfreude. Elina Bukshas Spiel passte einfach zum lustvollen Zugriff des Quatuor Modigliani, das mit den großartigen Instrumenten der Mitglieder eine enorme Bandbreite an Farben und Charakteren hervorzubringen vermochte. So blieb der Klangköper in seinen köstlichen Ausprägungen unverändert, aber auch in seiner Kultiviertheit, die gerade in den feinsinnigen Passagen in zartestem Pianissimo piano betörende Schönheit und Empfindsamkeit hervorzauberte.
Aber das Ensemble warf mit solch fragilen Momenten nicht um sich, sondern bettete sie sorgfältig an den Spitzen der emotionalen Innigkeit ein, wie sie schon in Mozarts erstem preußischen Quartett D-Dur KV 575 vorkommen, aber vor allem in der Huldigung an Beethoven des erst 18-jährigen Mendelssohn in seinem zweiten Streichquartett a-Moll op. 13. In beiden Werken spielt die erste Violine immer wieder eine konzertierende Rolle, was es für Buksha leichter machte, sich im Ensemble zu integrieren. Notwendig war diese Erleichterung jedoch nicht, hatten doch die vier Instrumentalisten schon eingangs in Schuberts Quartettsatz c-Moll D 703 gezeigt, dass sie mühelos auch einen voluminösen und plastisch changierenden Klangkörper absolut homogen zu Formen im Stande sind. Die gemeinsam ausbalancierte Klangharmonie war denn auch die vordringliche Aufgabe in diesem Quartettsatz, der ein Fragment eines mehrsätzigen Streichquartetts geblieben ist.
Welch ein Jammer, dass Schubert keine Abnehmer für Streichquartette fand und deren Produktion für einige Jahre einstellte, bevor er sich mit „Rosamunde“ und „Der Tod und das Mädchen“ endlich der göttlichen Dreifaltigkeit Haydn-Mozart-Beethoven etwas Schlagkräftiges entgegenzusetzen traute. So blieb es im c-Moll-Satz bei ein paar originellen Erfindungen und raffinierten formalen Konstruktionen, vor allem aber bei einigen ergreifenden melodischen Einfällen, die einmal mehr den meisterhaften Liedkomponisten offenbarten.
Besondere Herausforderungen gaben auch den Streichquartetten von Mozart und Mendelssohn eine eigentümliche Note. Bei Mozart war es die Bemühung um den Geschmack des Berliner Hofes, an den Mozart auch dachte, als er das Quartett dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. widmete. Es waren vor allem die verhaltenen Passagen, die das Ensemble hier überaus kostbar ausarbeitete. Dass es in dem Werk kein Allegro gibt und der Kopfsatz sotto voce (mit gedämpfter Stimme) und dolce (süß, sanft) gespielt wird, nahmen die vier jungen Musiker als Hinweis darauf, sich besonders einfühlsam um die Lyrik des Werkes zu bemühen. Das sollte auch in den lyrischen Passagen und Sätzen bei Mendelssohn einen Nachhall finden. Die versteckten wie auch offenen Beethoven-Reminiszenzen beziehen sich in dem Werk auf den späten, sperrigen und höchst geistvollen Beethoven. Die entsprechende Gegenüberstellung von liebevollen Empfindungen und leidenschaftlicher Erregung macht das Werk zu einem Wechselbad der Gefühle, zumal das Quatuor Modigliani mit Buksha tief in die extremen Ausprägungen eintauchte. Das finale Adagio hinterließ, klangschön ausgeformt, zweifelsohne einen tiefen Eindruck. Boccherinis Menuett mit Solovioline und Pizzicato-Streichern in der Zugabe ließen dann langsam und behutsam wieder ins Hier und Jetzt auftauchen.
Aber das Ensemble warf mit solch fragilen Momenten nicht um sich, sondern bettete sie sorgfältig an den Spitzen der emotionalen Innigkeit ein, wie sie schon in Mozarts erstem preußischen Quartett D-Dur KV 575 vorkommen, aber vor allem in der Huldigung an Beethoven des erst 18-jährigen Mendelssohn in seinem zweiten Streichquartett a-Moll op. 13. In beiden Werken spielt die erste Violine immer wieder eine konzertierende Rolle, was es für Buksha leichter machte, sich im Ensemble zu integrieren. Notwendig war diese Erleichterung jedoch nicht, hatten doch die vier Instrumentalisten schon eingangs in Schuberts Quartettsatz c-Moll D 703 gezeigt, dass sie mühelos auch einen voluminösen und plastisch changierenden Klangkörper absolut homogen zu Formen im Stande sind. Die gemeinsam ausbalancierte Klangharmonie war denn auch die vordringliche Aufgabe in diesem Quartettsatz, der ein Fragment eines mehrsätzigen Streichquartetts geblieben ist.
Welch ein Jammer, dass Schubert keine Abnehmer für Streichquartette fand und deren Produktion für einige Jahre einstellte, bevor er sich mit „Rosamunde“ und „Der Tod und das Mädchen“ endlich der göttlichen Dreifaltigkeit Haydn-Mozart-Beethoven etwas Schlagkräftiges entgegenzusetzen traute. So blieb es im c-Moll-Satz bei ein paar originellen Erfindungen und raffinierten formalen Konstruktionen, vor allem aber bei einigen ergreifenden melodischen Einfällen, die einmal mehr den meisterhaften Liedkomponisten offenbarten.
Besondere Herausforderungen gaben auch den Streichquartetten von Mozart und Mendelssohn eine eigentümliche Note. Bei Mozart war es die Bemühung um den Geschmack des Berliner Hofes, an den Mozart auch dachte, als er das Quartett dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. widmete. Es waren vor allem die verhaltenen Passagen, die das Ensemble hier überaus kostbar ausarbeitete. Dass es in dem Werk kein Allegro gibt und der Kopfsatz sotto voce (mit gedämpfter Stimme) und dolce (süß, sanft) gespielt wird, nahmen die vier jungen Musiker als Hinweis darauf, sich besonders einfühlsam um die Lyrik des Werkes zu bemühen. Das sollte auch in den lyrischen Passagen und Sätzen bei Mendelssohn einen Nachhall finden. Die versteckten wie auch offenen Beethoven-Reminiszenzen beziehen sich in dem Werk auf den späten, sperrigen und höchst geistvollen Beethoven. Die entsprechende Gegenüberstellung von liebevollen Empfindungen und leidenschaftlicher Erregung macht das Werk zu einem Wechselbad der Gefühle, zumal das Quatuor Modigliani mit Buksha tief in die extremen Ausprägungen eintauchte. Das finale Adagio hinterließ, klangschön ausgeformt, zweifelsohne einen tiefen Eindruck. Boccherinis Menuett mit Solovioline und Pizzicato-Streichern in der Zugabe ließen dann langsam und behutsam wieder ins Hier und Jetzt auftauchen.
Reinhard Palmer, 26.10.2016
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.