Nach(t)kritik
Rastlose Seele
Veranstaltung: Jeff Wilkinson and the Shutterdogs: Americana der SonderklasseWenn die Zuhörer noch kurz den Atem anhalten, ehe sie den verdienten Beifall spenden, dann hat das unbedingt etwas mit der Intensität des soeben Gehörten zu tun: Beim Gastspiel von Jeff Wilkinson & The Shutterdogs konnte man solche Momente der Andacht fast den ganzen Abend lang registrieren – der in Michigan beheimatete Musiker und seine drei Mitstreiter aus dem Raum New York schlugen die Leute immer wieder in ihren Bann. Wilkinson ist nämlich ein Songwriter der alten Folk-Schule im Stile eines Pete Seeger, seine Lieder allerdings kraftvoll garniert mit bluesigen Hobo-Elementen, irischem Blut und einer Prise Rock´n´Roll. Seeger, der zeitweilig nicht weit entfernt von Jeffreys Wohnort Beacon lebte, habe ihm mal gesagt, er solle ruhig Songs schreiben über seine Heimat, auch wenn er offenkundig rein gar nichts darüber wisse, erzählt Wilkinson zwischendurch selbstironisch auf Englisch. Gerade hat er sich mal wieder auf eine drei Wochen dauernde „Europa-Tour“ begeben, die ihn durch die Schweiz, Holland und ein paar ausgesuchte Konzertplätze in Deutschland führt – erstmals tritt er dabei nicht solo auf, sondern eben mit drei vorzüglichen Musikern, die es ihm ermöglichen, die ganze Herrlichkeit seines Schaffens auszubreiten: Da wäre Sara Milonovich, die vor allem an der Geige ein jederzeit wärmendes Feuer entfacht und Wilkinson´s Gesang zusammen mit dem Bassisten Greg Anderson wirkungsvoll unterstützt – Saras leicht rötlich-blonde Haare ließen sie mühelos als Irin durchgehen, und so wurde man auch optisch daran erinnert, wo einige Wurzeln der Folk-Tradition liegen. Ihr Solo „Farewell, Little Sarah“ war herzergreifend – nur ihre klare Stimme und ihre Geige und danach, wie eingangs erwähnt, angehaltener Atem beim Publikum.
Drummer Dan Fisherman komplettiert dieses perfekt harmonierende Quartett, das sich meist in so anrührender Weise den großen amerikanischen Themen widmet: Verlust von Heimat und Natur, Wanderschaft, soziale Verwerfungen und Identitätssuche in einer immer härter werdenden Zeit. Jeff Wilkinson scheint selbst ein solcher Pfadfinder zu sein, wenn er von zerbrochenen Gitarren und einer zerbrochenen Liebe singt („Hatboro Girl“), von endlosen Greyhound-Bus-Fahrten über Land, vom Hudson River oder einem seelisch erfrischenden Waldspaziergang. Bis zu Erlösungsträumen wie in „Giants´ Dream“ oder dem bilanzierenden „That´s All I Had“ reichen die offenbar wettergegerbten Erfahrungen seines Lebens: „Some day I will lay down my head..“ lautet eine Song-Zeile, die fast ins Religiöse spielt. Da hat einer mit 17 Jahren schon Lieder vom Aufbruch geschrieben und ist noch immer unterwegs – mit kraftvoller Stimme und stilistisch einmal quer durch die Musikgeschichte Nordamerikas: Stampfender Squaredance, schaukelnder Bluegrass, kerniger R&B – im Grunde hätte Wilkinson sich damals den „Traveling Wilburys“ um Bob Dylan, Roy Orbison und Tom Petty anschließen können: „Handle With Care“ hätte auch zu ihm gepasst, er hat "ein Händchen" fürs singende Erzählen. Doch Jeffrey, „hauptberuflich“ dem Vernehmen nach in den USA ein erfolgreicher Architekt, war vielleicht zu sehr Einzelgänger und hat manchmal lieber den Mond angeheult. Der letzte Song dieses fantastischen Abends trug jedenfalls den Titel „Moon Child“.
Drummer Dan Fisherman komplettiert dieses perfekt harmonierende Quartett, das sich meist in so anrührender Weise den großen amerikanischen Themen widmet: Verlust von Heimat und Natur, Wanderschaft, soziale Verwerfungen und Identitätssuche in einer immer härter werdenden Zeit. Jeff Wilkinson scheint selbst ein solcher Pfadfinder zu sein, wenn er von zerbrochenen Gitarren und einer zerbrochenen Liebe singt („Hatboro Girl“), von endlosen Greyhound-Bus-Fahrten über Land, vom Hudson River oder einem seelisch erfrischenden Waldspaziergang. Bis zu Erlösungsträumen wie in „Giants´ Dream“ oder dem bilanzierenden „That´s All I Had“ reichen die offenbar wettergegerbten Erfahrungen seines Lebens: „Some day I will lay down my head..“ lautet eine Song-Zeile, die fast ins Religiöse spielt. Da hat einer mit 17 Jahren schon Lieder vom Aufbruch geschrieben und ist noch immer unterwegs – mit kraftvoller Stimme und stilistisch einmal quer durch die Musikgeschichte Nordamerikas: Stampfender Squaredance, schaukelnder Bluegrass, kerniger R&B – im Grunde hätte Wilkinson sich damals den „Traveling Wilburys“ um Bob Dylan, Roy Orbison und Tom Petty anschließen können: „Handle With Care“ hätte auch zu ihm gepasst, er hat "ein Händchen" fürs singende Erzählen. Doch Jeffrey, „hauptberuflich“ dem Vernehmen nach in den USA ein erfolgreicher Architekt, war vielleicht zu sehr Einzelgänger und hat manchmal lieber den Mond angeheult. Der letzte Song dieses fantastischen Abends trug jedenfalls den Titel „Moon Child“.
Thomas Lochte, 13.11.2015
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.