Nach(t)kritik
Tiefgründig und voller Atmosphäre
Veranstaltung: Trio Karénine: Fauré, Debussy, Tailleferre, RavelAm Ende hatte man schon das Gefühl, dass es dem Trio Karénine gelungen ist, beim bosco-Publikum eine Lanze für die französischen Komponisten gebrochen zu haben. Nach wie vor steht das Konzertpublikum hierzulande meist etwas reserviert gegenüber dieser klangmalerischen Musik. Obgleich es hier noch nicht einmal um Impressionismus ging, zeigte sich das Repertoire überaus farbig, voller Atmosphäre, erzählerisch, ereignisreich, immer wieder zu überraschenden Wendungen bereit.
Dass der finale Höhepunkt Ravels Klaviertrio a-Moll von 1914 im Programm zufiel, hatte schon seine Berechtigung. Nicht nur, weil es zweifelsohne einen Meilenstein in der Entwicklung der französischen Schule darstellt, sondern weil auch das Trio Karénine hier eine herausragend packende Interpretation vorlegte. Die drei Musiker agierten immer sehr konzentriert und miteinander kommunizierend stark auf die Ensemblehomogenität fokussiert. Doch bei Ravel wurde Hingabe nicht nur hörbar, sondern auch sichtbar. Diese Körperlichkeit tat der Musik gut, erst recht in der Zugabe mit dem wuchtig-schwungvollen Schlusssatz aus Dvořáks Dumky-Trio, das schon bemüht werden musste, um Ravels Kraft standhalten zu können.
Das Programm war sehr schlüssig aufgestellt. Unmittelbar vor Ravel musste den geradezu dessen enge Freundin Germaine Tailleferre zum Zuge kommen – die einzige Frau im Programm wie auch in der Groupe des Six, die sich vom Nebulösen des Impressionismus abwandte, hingegen formal der Unterhaltungsmusik zusprach. Ihr Klaviertrio vernachlässigte dennoch die klangmalerischen Wirkungen nicht, auch wenn sie dort konkreter definiert und in einer klar umrissenen Formensprache umgesetzt erklangen. Alle Komponisten des Abends waren auch Pianisten, die entsprechend dem Klavier eine recht dominante Rolle zuschrieben. Doch Tailleferre bedachte das Instrument mit einem von Paloma Kouider bravourös dargebotenen virtuos-brillanten Part mit perlenden Arpeggien und Läufen, denen sie klare, eindringlich schlichte Themen der Streicher gegenüberstellte. Letzteres nicht selten unisono geführt, wie es bei allen vier Komponisten im Programm als Stilmittel genutzt wurde. Fanny Robilliard (Violine) und Louis Rodde (Violoncello) verstanden es aber, solche Passagen immer wieder neu auszubalancieren und die Klangcharakteristik feinsinnig zu variieren.
Im ersten Konzertteil dominierte eher das blühende Kolorit mit schönmalerischen, ja bisweilen sogar ätherischen Stimmungen. Natürlich in Debussys Klaviertrio G-Dur von 1879 deutlicher als im d-Moll-Klaviertrio op. 120 von Fauré, auch wenn der damals erst 17jährige Debussy zu seinem späteren Stil noch gar nicht gefunden hatte und hier die Romantik in französischer Sprache neu erfand. Und auch diesen Unterschied vermochte das Ensemble adäquat zu erfassen: Nicht impressionistisch, vielmehr jugendlich schwärmerisch florierte es darin. Als beherrschend erwiesen sich jedoch andere Eigenschaften, die in den Satzbezeichnungen mit appassionato und espressivo auf sich aufmerksam machten.
Auch in den anderen Werken sorgten Höhenflüge in klangsinnlicher Fülle immer wieder für effektvolle Steigerungen, vom Trio Karénine geschickt eingeleitet und geduldig ausgespielt, worin es den Musikern gelang, die Kulminationspunkte der straffen Dramaturgien in euphorisierenden Momente zu verwandeln. Besonders intensiv beim reifen Fauré, dessen Trio von 1922/23 wohl deshalb so voller Energie und Seelentiefe ist, weil der fast ertaubte Komponist darin der inneren Stimme folgen musste. Und die ist stets tiefgründiger als alles Gehörte.
Dass der finale Höhepunkt Ravels Klaviertrio a-Moll von 1914 im Programm zufiel, hatte schon seine Berechtigung. Nicht nur, weil es zweifelsohne einen Meilenstein in der Entwicklung der französischen Schule darstellt, sondern weil auch das Trio Karénine hier eine herausragend packende Interpretation vorlegte. Die drei Musiker agierten immer sehr konzentriert und miteinander kommunizierend stark auf die Ensemblehomogenität fokussiert. Doch bei Ravel wurde Hingabe nicht nur hörbar, sondern auch sichtbar. Diese Körperlichkeit tat der Musik gut, erst recht in der Zugabe mit dem wuchtig-schwungvollen Schlusssatz aus Dvořáks Dumky-Trio, das schon bemüht werden musste, um Ravels Kraft standhalten zu können.
Das Programm war sehr schlüssig aufgestellt. Unmittelbar vor Ravel musste den geradezu dessen enge Freundin Germaine Tailleferre zum Zuge kommen – die einzige Frau im Programm wie auch in der Groupe des Six, die sich vom Nebulösen des Impressionismus abwandte, hingegen formal der Unterhaltungsmusik zusprach. Ihr Klaviertrio vernachlässigte dennoch die klangmalerischen Wirkungen nicht, auch wenn sie dort konkreter definiert und in einer klar umrissenen Formensprache umgesetzt erklangen. Alle Komponisten des Abends waren auch Pianisten, die entsprechend dem Klavier eine recht dominante Rolle zuschrieben. Doch Tailleferre bedachte das Instrument mit einem von Paloma Kouider bravourös dargebotenen virtuos-brillanten Part mit perlenden Arpeggien und Läufen, denen sie klare, eindringlich schlichte Themen der Streicher gegenüberstellte. Letzteres nicht selten unisono geführt, wie es bei allen vier Komponisten im Programm als Stilmittel genutzt wurde. Fanny Robilliard (Violine) und Louis Rodde (Violoncello) verstanden es aber, solche Passagen immer wieder neu auszubalancieren und die Klangcharakteristik feinsinnig zu variieren.
Im ersten Konzertteil dominierte eher das blühende Kolorit mit schönmalerischen, ja bisweilen sogar ätherischen Stimmungen. Natürlich in Debussys Klaviertrio G-Dur von 1879 deutlicher als im d-Moll-Klaviertrio op. 120 von Fauré, auch wenn der damals erst 17jährige Debussy zu seinem späteren Stil noch gar nicht gefunden hatte und hier die Romantik in französischer Sprache neu erfand. Und auch diesen Unterschied vermochte das Ensemble adäquat zu erfassen: Nicht impressionistisch, vielmehr jugendlich schwärmerisch florierte es darin. Als beherrschend erwiesen sich jedoch andere Eigenschaften, die in den Satzbezeichnungen mit appassionato und espressivo auf sich aufmerksam machten.
Auch in den anderen Werken sorgten Höhenflüge in klangsinnlicher Fülle immer wieder für effektvolle Steigerungen, vom Trio Karénine geschickt eingeleitet und geduldig ausgespielt, worin es den Musikern gelang, die Kulminationspunkte der straffen Dramaturgien in euphorisierenden Momente zu verwandeln. Besonders intensiv beim reifen Fauré, dessen Trio von 1922/23 wohl deshalb so voller Energie und Seelentiefe ist, weil der fast ertaubte Komponist darin der inneren Stimme folgen musste. Und die ist stets tiefgründiger als alles Gehörte.
Reinhard Palmer, 25.10.2019
Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.