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Nach(t)kritik

Mo, 07.10.2019

Zeit für den Zauber

Veranstaltung: Fliegendes Theater Berlin: "Josa mit der Zauberfidel" nach Janosch

Als der kleine Josa mit seiner Zauberfidel den habgierigen König immer kleiner und kleiner zauberte, bis dieser verschwand, da spätestens hielt es die kleinen Zuschauerkinder nicht mehr auf ihren Plätzen. Aufgeregt riefen sie durcheinander, einige klatschten, andere erzählten laut vom endgültigen Verschwinden des Königs und dass dies der Josa gemacht habe.

„Das hat der Josa gemacht“, sagt auch stolz der alte Köhler, als er betrachtet, wie der Mond immer größer wird. Zwar ist sein Sohn viel zu klein und schwach, um in seine Fußstapfen zu treten und auch Köhler zu werden, doch hinaus in die Welt ist er trotzdem gegangen. Denn eines Tages hat ihm sein Freund, der Vogel, eine Zauberfidel geschenkt. Wenn er nur genug übe, hat der Vogel gesagt, so werde er mit seiner Musik alles größer machen oder aber kleiner, je nachdem, in welche Richtung er spiele. Also übt der Josa, und als er die Fidel beherrscht, macht er sich auf den Weg zum Mond, um diesen mit seiner Musik wachsen zu lassen. „Wenn mein Vater das sieht, wird er an mich denken und stolz auf mich sein“, nimmt er sich vor.

Eine Geschichte vom Größerwerden, vom Abschiednehmen und eigene Wege gehen erzählen Johanna Debes und Rudolf Schmid vom Fliegenden Theater Berlin mit „Josa mit der Zauberfidel“ nach einer Geschichte von Janosch. Die poetische Inszenierung von Ulrike Winkelmann setzt dabei auf Reduktion: ein paar Stellwände markieren den Weg, ein Koffer ist das Reich des Köhlers, mal wird die Geschichte von den beiden Spielern erzählt, mal führen sie die Stabpuppen, die das Geschehen spielen. Dabei nehmen sie sich die Zeit, die diese Geschichte benötigt und muten ihrem jungen, schon eher medial auf die rasche Abwechslung trainierten Publikum einiges an Langsamkeit zu. Das aber ist genau richtig und wird, wie man an den Reaktionen der Kleinen bemerken kann, durchaus wahrgenommen. Wirklich groß wird man nur, wenn man genau zuhören kann - so wie die alte Ziegenhirtin dem Josa. Oder wie die Sonnenblumen am Wegrand. Und wenn Zauberei im Spiel ist, muss man sich sowieso Zeit nehmen. So viel, wie sich dieses bezaubernde Kindertheater für die Geschichte nimmt. Dann wird man am Ende auch beschenkt. Denn „noch heute schmecken Sonnenblumenkerne nach Zauberei“.

Sabine Zaplin, 07.10.2019


Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.