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Presse

Was Krieg mit den Menschen macht

Erschienen in:   Starnberger Merkur

Stefan Berchtold spricht im Bosco mit zwei Friedensaktivistinnen
 

Voll besetzt war am Sonntagnachmittag die Bar Rosso des Bosco. Zum Finale der Fotoausstellung der Amnesty-International-Gruppe Würmtal „Ukraine-Alltag im Krieg“ sprach Stefan Berchtold in der Reihe „Talking Heads“ mit zwei Friedensaktivistinnen, der ukrainischen Medienwissenschaftlerin Dr. Olena Zinenko sowie Heidi Meinzolt, international gut vernetzte Europavertreterin der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF) aus Stockdorf. Ihr Thema: feministischer Pazifismus. Meinzolt übersetzte die Redebeiträge der Ukrainerin, die aus dem umkämpften Charkiw stammt und derzeit in Frankfurt an der Oder lebt und Lehraufträge hat.

Wie Berchtold einführend sagte, dokumentiert die Ukrainerin den Diskurs über den Krieg online und sammelt über ihr Netzwerk Geschichten von Frauen im Umgang mit Krieg und Frieden. So auch in ihrer aktuellen Publikation „Voices Along The Way“, in deren Vorwort es heißt: „Diese Geschichten zeigen deutlich, dass Frauen den Wert des Friedens kennen und daher versuchen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um sich dem Krieg auf verschiedenen Ebenen zu widersetzen.“ In ihrem Statement im Bosco kritisierte sie, dass viel über den Krieg, militärische Punkte und einen möglichen Wiederaufbau gesprochen werde. Aber zu wenig über die Menschen, wie es ihnen geht, und wie es mit ihnen weitergeht. Diese Stimmen würden zu wenig gehört. Auch bei Verhandlungen dürfe es jetzt nicht nur um Interessensphären gehen, sondern um die Menschen, die brutale Gewalt erlitten haben.

Eine große Rolle spiele auch die Sprache. „Sie ist eine Waffe“, erklärte der Gast. So seien nach dem Angriffskrieg Russlands auch in liberalen Zeitungen plötzlich zu ihrem Erschrecken Begriffe wie „Kriegsstrategie“ aufgetaucht. Dass die frühere Amtssprache Russisch nach der Unabhängigkeit der Ukraine verboten worden sei, bezeichnete sie als „großen Fehler“.

Moderator Stefan Berchtold nahm Bezug auf ihren Blog, wo sie die aktuellen Friedensverhandlungen als „teuflisch“ bezeichnet. Er fragte: „Was empfehlen Sie stattdessen?“ Ihre Erwiderung lautete: „Putin ist ein Krimineller.“ Dass man mit einem Kriminellen nicht reden könne, würden viele Medien fast vergessen. Das führte Berchtold zu der großen Frage, wie der Krieg enden könne. „I don‘t know“, erwiderte Zinenko, die auch staatliche Behörden berät. Für sie ende der Krieg jedenfalls erst, wenn sie mit ihren beiden Töchtern wieder in ihre Heimat zurückkehren könne.

27.03.2025, Christine Cless-Wesle