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Veranstaltungsinfo

Fr, 04.12.2015
20.00 Uhr
Literatur

Eintritt frei

3. Gautinger Literaturwettbewerb: Preisverleihung

An diesem Abend werden die Preisträger/-innen bekannt gegeben, die das Jurorenteam au den 331 eingereichten Texten "aus aller Welt" zum Thema "heim(at)suchen.de" ausgewählt hat.
Mit 331 Einsendungen haben so viel Menschen wie noch nie an der Ausschreibung zum Gautinger Literaturpreis teilgenommen. Die Teilnehmer umfassen alle Altersgruppen, kommen natürlich aus dem ganzen Würmtal sowie den Landkreisen, aber auch aus der ganzen Bundesrepublik. Selbst aus dem Ausland erreichten uns Beiträge: Schweiz, Österreich, Italien, Tschechien – bis aus dem fernen Santiago de Chile kam Post! Das fünfköpfige Jurorenteam unter der Leitung von Werner Gruban las sich durch 4 Ordner voller Literatur zum Thema heim@suchen.de (Heimatsuchende) und hat vier Preisträger/innen gekürt. Bei der Preisverleihung wurden die Sieger verraten und der Rundfunksprecher Peter Veith las die prämierten Texte. Dazu gab es auch noch Musik aus Augusta Laars Plattensammlung.

1. Preis Kategorie Schüler und Jugend
Piwko India-Wiborada, Zittau
Laudatio von Werner Gruban
Die Geschichte ist spätestens seit diesem Jahr eine der vielen nun deutschen Geschichten. Eine Geschichte, die ihren Anfang in einem Land nahm, in dem Zitronenbäume Trost spenden, die nun zu einem Symbol eines Sehnsuchtsortes geworden sind. Hier in Deutschland gestrandet, sind Fragen zu beantworten, Fragen von Journalisten, wie sie im Fernsehen seit diesem Sommer häufig zu sehen und zu hören sind, seitdem die Flucht der vielen Not geplagten Menschen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und aus Afrika dieses Jahr vor unserer Wahrnehmung nicht mehr auf Lampedusa oder an den Grenzen Europas Halt machte. Vermissen Sie Ihre Heimat trotzdem? Wie war die Reise nach Deutschland? Stört es Sie, wenn wir beim Essen filmen? In den Antworten des Erzählers bzw. der Erzähler spiegeln sich dessen bzw. deren Geschichten. Flucht, Hitze, Kälte, Zeltunterkünfte, zusammengepferchte Flüchtlinge. Und dann das Ankommen in der neuen, fremden, anderen - Heimat? Splitter, Gedankenfetzen, eindringliche Bilder, kurze, wie ausgespuckte Sätze prägen die Erzählung. Eine unglaubliche, erstaunliche und ausdrucksstarke Erzählung eines - auch dies konnten wir gar nicht glauben - 14-jährigen Talents. Das Theaterforum gratuliert herzlich zu diesem Preis, mit der Bitte, unbedingt dieses Talent weiter zu pflegen.

Sonder-Preis LYRIK
Faryar Massum, Berlin
Laudatio von Gerd Holzheimer

Mit der Lyrik hat es etwas Vertracktes an und auf sich. Sie verführt so manche zu dem Glauben, sie könnten das auch. Allerdings ist ein Gedicht, wie schon der Name sagt, das dichteste Gebilde der Dichtung – und von daher auch das schwierigste. Zu den schlimmsten Fehlformen dieser wunderbaren Gattung gehören gespreizte, kapriziöse und scheinbar artifizielle Stilfiguren, am besten noch in auffälliger Häufung für eine nicht wirklich vorhandene eigene Wirklichkeit. In dem Text Augenblick und Dauer sucht der Verfasser erst gar nicht nach Metaphern und anderen Stilformen, eine Wirklichkeit sucht ihn, sucht ihn heim und entwickelt scheinbar ganz aus sich heraus ihre Sprache, eine lakonische, beinahe spröde Sprache, die um so eindringlicher uns das Geschehen vor Augen treten lässt. Das Geschehen ist ein ganz Persönliches, zugleich aber, wenn auch in den Zeilen nur ganz zart angedeutet, was ungeheuer schwer fallen muss angesichts der Tragweite, ein eminent politisches, ein brutal politisches. „geboren wurde ich in einer heimat, / deren name zu meiner schande geworden ist“, heißt es, und dass „das paradies meiner jugend“ ein Ende nahm „im april des jahres 1978“. Die Rede ist von einer „volksrevolution, von der das volk nichts wusste / und nichts wollte / und danach ging ein fluch durch den hindukusch… ein gezielter fluch allahs…“. Wir ahnen, dass es sich um den Staatsstreich der kommunistischen afghanischen Volkspartei am 27. April 1978 handeln wird, der die Republik Afghanistan in eine Demokratische Republik Afghanistan verwandelte und einen Frieden, der fünfzig Jahre währte, in einen seither tobenden Krieg mit wechselnden Fronten.
Für eine solche Situation gibt es kaum eine politische Lösung, keine poetische Schlussformel, nichts Abrundendes, im Gegenteil: Der Text endet so offen, wie er begonnen hat als tiefstes Geheimnis eines lyrischen Kunstwerkes: Offenheit auch und gerade bei einer Lage, die nach Antworten schreit. Militärs und Politiker mögen die Verteidigung Deutschlands am Hindukusch sehen oder gesehen haben, unser Dank und Preis aus dem Würmtal gilt dem Text eines Menschen, der nichts als einen Rucksack mit sich trägt, „als träger einer verschlüsselten botschaft / die ich nicht entziffern, nicht begreifen kann.“ Er will ihn loswerden, aber das gelingt nicht:
Der Verfasser ist ein „dichter kleiner gefühle und großer qualen“, er ist im Krieg mit sich selbst, sucht sich in allem, was fremd ist und dichtet sein fremdes Dasein zusammen.

heim@preis
Zirngibl Roswitha, Gauting
Laudatio von Werner Gruban

Schnipsel, Skizzen, Bilder, mehrheitlich kaum zwei Sätze lang, dann wieder ein Gedicht. Es sind Sätze, so wohlklingend, dass man sie unbedingt gesprochen hören muss. Die Sprache spielt, Metaphern, Concetti, Vergleiche, disparate Wirklichkeiten finden hier zueinander und in dieser Melange aus unterschiedlichsten Gefühlen und Befindlichkeiten wird die Suche nach dem EINEN Ort spürbar. Ein Ort, der sich hier Stadt nennt, aber doch wohl eher in dem ICH-Erzählenden dieser Geschichten selbst zu finden ist. „In meinen Armen liegt seit Jahren ein Kind. Das Kind bin ich. Es hat sich in den Schlaf geweint und atmet sich / Augensalz an den Wangen / in einen noch tieferen Schlaf hinein. Im Blindwinkel der Nachbarn. Im Blindwinkel der Straßen. Die Stadt ist ein Klangschiff. Ruht niemals. Suche Dich. An jedem Ort.“
So endet dieser Text einer/eines heim@suchen.de(n). Allein dafür schätze ich ihn sehr. Herzlichen Glückwunsch!

2. Preis
Richter Verena, München
Laudatio von Marc Schürhoff

Haben Sie Sich schon einmal gefragt, wie der Plural von „Heimat“ lautet? Der Duden gibt eine andere Antwort als dieser Text, aber das ist die Freiheit der Kunst.
Die eigenwillige Beantwortung dieser Frage ist nur der geringste Grund, warum dieses Dramolett von der Jury ausgezeichnet wird. Der Text geht ungeheuer witzig und sehr hintersinnig mit dem Riesenpopanz „Heimat“ um und stellt spielerisch den Verlust des Heimatgefühls in den Kontext unserer durch Gewinnmaximierung getriebenen Zeit. Und das auf dreieinhalb Seiten. Bravo!

1. Preis
Zureich Christine, Konstanz
Laudatio von Luitgard Kirchheim

Es ist eine große Chance, eine Erzählung in Händen zu halten über deren AutorIn man absolut nichts weiß, nicht ob Mann oder Frau, ob alt oder jung. Wir haben eine Geschichte vor uns, die vermutlich in der Mitte der Fünfzigerjahre spielt, als die Nachkriegszeit noch spürbar war. Es gibt noch einen Milchladen um die Ecke, man schläft noch auf dreiteiligen Matratzen und im Fernsehen sieht man Demonstrationen und Lichterketten gegen die Wiederbewaffnung. Schnell wird auch klar, dass es sich um eine Familie handelt, die aus den USA rückwandert nach Deutschland. Erzählt wird aus dem Erleben eines etwa 8-jährigen Mädchens und seiner Schwester. In zahllosen Details, die in ihrer Knappheit grandios hingetupft sind, erfährt der Leser, wie den Kindern die Unterschiede der beiden Heimaten deutlich werden. Sie erinnern die alte in Philadelphia und lernen die neue in Deutschland kennen, die sich den Neuankömmlingen oft hart und autoritär zeigt. Der Text lebt von den vielen fast tagebuchartig notierten Erlebnissen des Mädchens, das in einer Welt ankommt, die einmal die Heimat des Vaters war.
Nur durch wenige Wörter werden Situationen angerissen, die die Vorstellungswelt des Lesers in Gang setzen und gezielt durch Auslassungen historische und kulturelle Gegebenheiten bezeichnen. Immer wieder überrascht die Erzählung, gerade wenn sie ganz sachlich berichtet, durch ihren poetischen Ausdruck. So lässt sich der Titel zweifach auffassen: Nahlandig einmal als Beschreibung eines Föhnphänomens und zum andern als ein Zu-Nahekommen, auf den Leibrücken der neuen heimatlichen Verhältnisse. Kraftvoll ist die kindliche Souveränität im Erleben der heimatsuchenden Schwestern eingefangen. Es zeigt sich in dieser Erzählung eine große Begabung, die Sprache und Inhalt in ein wunderbares Gleichgewicht bringt. Wir sind neugierig von der Autorin oder dem Autor noch mehr zu hören und gratulieren herzlich zum
1. Preis!

heim@suchen.de
heim(at)suchen.de
- heimat verloren -
wir haben kein schützendes dach über dem kopf,
wir sind auf der flucht vor krieg, gewalt und not,
wir haben nichts zu essen und zu trinken,
- heimat verloren -
wir haben uns verfangen im digitalen sein,
wir hasten von ort zu ort, egal ob wir arbeiten oder reisen, von augenblick zu augenblick,
wir bauen, beton und glas neben beton und glas,
- heimat suchen -
wir vermissen heimat,
die uns nährt,
die uns geborgenheit schenkt,
die uns wiedererkennt,
der wir unsere erinnerungen anvertrauen und
die uns licht, klänge und düfte schenkt,
deren wege zu uns selbst, zu unserem herzen führen
- wir alle sind heim(at)suchen.de -

„Dieses Land hat mich kaputt gemacht, und ich bleibe solange, bis man es ihm ansieht“, hat Herbert Achternbusch einmal gesagt, der seine Spuren auch in Gauting hinterlassen hat. Gewiss ist sein Aufspüren von Nähe und Ferne zur Heimat ein besonders schmerzvolles Hineinschreiben in die eigene Landschaft. Sie sei dennoch topographischer Hintergrund für den Gautinger Literaturpreis 2015, ein Blatt aus der Heimat, das sich neu beschreiben lässt.
 
 
Nach(t)kritik
Reiche Ernte
Nach(t)kritik von Thomas Lochte

Sage und schreibe 331 Einsendungen konnte der 3.Gautinger Literatur-Wettbewerb verzeichnen, der heuer das Thema „heim(at)suchen.de“ vorgegeben hatte. Als es nun zur Auszeichnung der Preisträger in den Kategorien „Schüler und Jugend“, „Lyrik“ (erstmals) und „Erwachsene“ kam, berichteten die beiden Moderatorinnen Sabine Zaplin und Tanja Weber von dem beträchtlichen Aufwand, der diesmal hinter den Kulissen betrieben werden musste: Weil sämtliche eingereichten Texte (bis hin zu ganzen Gedichtsammlungen) von der Jury ohne Kenntnis der jeweiligen Autoren behandelt werden sollten, war das Organisationsteam des Literatur-Wettbewerbs unter Federführung von Werner Gruban u.a. damit beschäftigt, die Verfassernamen der 331 Beiträge zu schwärzen, einzutüten und zwecks Lektüre an die Jury-Mitglieder zu verschicken – eine Mammutaufgabe. Dass der Wettbewerbsjahrgang 2015 derart üppig ausgefallen war, sei auch daran gelegen, „dass wir die sozialen Medien genutzt haben“, so Tanja Weber. War der von Werner Gruban 2011 initiierte und seitdem alle zwei Jahre ausgeschriebene Preis bei seinem Debüt noch „aufs Würmtal begrenzt“ gewesen, so hatten sich diesmal dank Internet, Facebook & Co. sogar Teilnehmer aus Santiago de Chile gemeldet - „Heimat“ und die innere wie äußere Suche danach ist offenbar ein Stichwort, dass jederzeit und überall etwas auszulösen vermag. Hinzu gekommen war in diesem Jahr natürlich auch die aktuelle Flüchtlingsthematik: „Die Ereignisse haben uns regelrecht überrollt – in Form einer Welle von Einsendungen“, verriet Weber, Krimi-Autorin und selbst allererste Preisträgerin im Jahre 2011.
Der Abend der Preisvergabe offenbarte bei den diesmal in drei Kategorien Ausgezeichneten ein ganz erstaunliches Niveau. In der Sparte „Schüler und Jugend“ wurde von „BR“-Sprecher Peter Veith der Sieger-Text der erst 14-jährigen Piwko India-Wiborada aus Zittau in Sachsen vorgetragen, die nach eigenen Angaben schon bei etlichen Literatur-Wettbewerben mitgemischt hat: Die Autorin montierte aktuelle Zeitungs- und Blog-Beiträge zur Flüchtlings- und Integrationsthematik zu einem atmosphärisch äußerst dichten Ich-Monolog, der stellvertretend für die Perspektive (oder auch die Perspektivlosigkeit) der in Europa gestrandeten Menschen steht. Laudator Werner Gruban schreibt dazu: „Die Geschichte ist spätestens seit diesem Jahr eine der vielen nun deutschen Geschichten. Eine Geschichte, die ihren Anfang in einem Land nahm, in dem Zitronenbäume Trost spenden, die zum Symbol eines Sehnsuchtsortes geworden sind.“ India-Wiborodas Text nimmt in eindringlicher Weise auch die Position des allseits beäugten, von aufdringlichen Reportern bedrängten Asylbewerbers ein, der sich begafft wie ein exotisches Tier vorkommen muss und als Tribut an sein „Gastland“ erst mal jeglicher Privatheit und Individualität verlustig geht. Das Theaterforum gratulierte herzlich zu diesem Preis, verbunden mit der Bitte an die Autorin, „unbedingt dieses Talent weiter zu pflegen“. Man darf sagen, dass dieser subjektive Text über den Verlust von Heimat ohne Weiteres im Feuilleton einer großen Tageszeitung abgedruckt werden könnte – anstelle schlauer Analysen zur Flüchtlingsthematik.
Der Sonderpreis „Lyrik“ ging an den einzigen Mann unter den diesjährigen Preisträgern: Der gebürtige Afghane Faryar Massum wurde in Abwesenheit geehrt für sein sehr persönliches Langgedicht „Augenblick und Dauer“, das in dem Moment des Jahres 1978 einsetzt, da Massum als junger Mann in seiner Heimatstadt eine „Volksrevolution“ erleben muss, „von der das Volk nichts wusste“: Die Zeilen „Das Paradies meiner Jugend nahm eine Ende“ sind Ausgangspunkt eines bis heute andauernden Gefühls der Entwurzelung – Laudator Gerd Holzheimer, Schriftsteller und u.a. Herausgeber der Zeitschrift „Literatur in Bayern“, schreibt dazu Grundsätzliches: „Mit der Lyrik hat es etwas Vertracktes an und auf sich. Sie verführt so manche zu dem Glauben, sie könnten das auch. Allerdings ist ein Gedicht, wie schon der Name sagt, das dichteste Gebilde der Dichtung – und von daher auch das schwierigste.“ In „Augenblick und Dauer“ suche der Verfasser erst gar nicht nach Metaphern und anderen Stilformen, so Holzheimer, „eine Wirklichkeit sucht ihn, sucht ihn heim und entwickelt scheinbar ganz aus sich heraus ihre Sprache, eine lakonische, beinahe spröde Sprache, die uns umso eindringlicher das Geschehen vor Augen treten lässt.“
Begleitet wurden die Text-Lesungen, Laudationes und Ehrungen von Auguste Laar am Mischpult: Assoziative Musik- und Sprech-Einspielungen zum Thema „Heimat“, von Hans Söllner bis zu japanischem Chorgesang, von 50er-Jahre-Vinyl-Schlagern bis zu Heinrich Heine – ein stimmungsmäßig recht gelungen arrangierter Abend, optisch garniert von der Bildprojektion alter Kaugummi-Automaten an der grünen Hauswand des Gautinger Jugendzentrums (Verortung ohne Gewähr!).
Die drei Preisträgerinnen der Hauptkategorie hatten die Jury (Luitgard Kirchheim, Marc Schürhoff, Tanja Weber, Sabine Zaplin, Werber Gruban und Gerd Holzheimer) ebenfalls schwer beeindruckt: Die Gewinnerin Christine Zureich aus Konstanz nimmt in der Kurz-Erzählung „Nahlandig“ den Blickwinkel eines jungen Mädchens ein, das in den 50er-Jahren mit ihren einst in die USA emigrierten Eltern nach Deutschland und damit in ein für sie fremdes Land kommt. „Es ist kein autobiografischer Text,“ so die 42-jährige, doch in ihrer Familie habe es eine solche Rückkehrer-Geschichte gegeben. Laudatorin Luitgard Kirchheim würdigte die diesjährige Literaturpreisträgerin wie folgt: „Erzählt wird aus der Perspektive eines etwa achtjährigen Mädchens und seiner Schwester. In zahllosen Details, die in ihrer Kindheit grandios hingetupft sind, erfährt der Leser, wie den Kindern die Unterschiede der beiden Heimaten deutlich werden. (…) Nur durch wenige Wörter werden Situationen angerissen, die die Vorstellungswelt des Lesers in Gang setzen und gezielt durch Auslassungen historische und kulturelle Gegebenheiten bezeichnen.“
Der 1.Preis wurde mit einer Stele der Gautinger Künstlerin Rosemarie Zacher gewürdigt und war dotiert mit 500 Euro. Der 2.Preis war mit 300 Euro dotiert, alle weiteren mit jeweils 250 Euro.
Den 2.Preis erkannte die Jury der aus Untermenzing kommenden Autorin Verena Richter zu. Richter hatte – irritierend sogar für den Laudator Marc Schürhoff – sogar den Plural des „Riesenpopanz Heimat“ (Schürhoff) verwendet: In einer dreieinhalb Seiten langen, humorvoll-originellen Skizze, vom Laudator als „Dramolett“ eingeordnet, „stellt sie spielerisch den Verlust des Heimatgefühls in den Kontext unserer durch Gewinnmaximierung getriebenen Zeit.“ Verena Richter (34) nahm´s ebenfalls mit Humor, dass die Jury sie zur „Vera“ verkürzt hatte – hier hielt sich der (Silben-)Verlust ja auch in Grenzen: der verlorenen Heimat in ihrem Text spürt sie passender Weise in einem Fundbüro nach....
Der 3.Preis („Heim@preis“) wurde der Gautingerin Roswitha Zirngibl (47) für ein Langgedicht zugesprochen, in welchem Prosa- und Lyrik-Passagen intensiv und virtuos montiert sind – Auszug: „In meinen Armen liegt seit Jahren ein Kind. Das Kind bin ich. Es hat sich in den Schlaf geweint und atmet sich / Augensalz an den Wangen / in einen noch tieferen Schlaf hinein. Im Blindwinkel der Nachbarn. Im Blickwinkel der Straßen. Die Stadt ist ein Klangschiff. Ruht niemals. Suche Dich. An jedem Ort.“ Laudator Werner Gruban und Jurorin Sabine Zaplin priesen die spektakuläre Sprachverdichtung dieses Textes: „...in dieser Melange aus unterschiedlichsten Gefühlen und Befindlichkeiten wird die Suche nach dem EINEN Ort spürbar.“ Zaplin erinnerte gerade anhand dieses Beispiels voller Klangfarben daran, „dass man Literatur eben auch hören muss“. Vorgetragen vom wunderbaren Peter Veit, konnte man tatsächlich mit geschlossenen Augen lauschen und diese Sprache auf sich wirken lassen. Der Gautinger Literatur-Wettbewerb, er „verdient es, überregionale Beachtung zu finden“, sagte Sabine Zaplin mit Blick auf die reiche Ernte des Jahrgangs 2015 völlig zu Recht. Hier bahnt sich offenbar Größeres an.

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Fr, 04.12.2015 | © Werner Gruban