Veranstaltungsinfo
Holzheimer-Reihe "Ich und die Welt" (5): Nobellierung von Brüchen
Nobellierung von Brüchen: Hermann Hesse und Thomas Mann
Ein Dreigestirn wird gern genannt, wenn es darum geht, den Aufbruch in die Kunst der Moderne mit Namen zu versehen: Arnold Schönberg, Wassilij Kandinsky, Thomas Mann. Musik, bildende Kunst und Literatur schaffen gemeinsam die künstlerische Grundlage des zwanzigsten Jahrhunderts, und man darf sich freuen, dass etliche Geburtsstunden in einem Land stattgefunden haben, in dem Avantgardisten sie nicht unbedingt vermuten wollen, in Bayern.
Wirft man, um Thomas Mann näher zu kommen, einen Blick in seine Tagebücher, wird eine erstaunliche Diskrepanz spürbar zwischen der großbürgerlichen Erscheinung, die er nach außen verkörpert, und den extemen Brüchen, die ihn seine künstlerische Berufung verursacht – und nicht nur die. Im Stil des Lebensführung wie des meisterlichen Schreibens gelingt es ihm, diese Brüche zwar nicht auszugleichen, aber doch immerhin lebbar zu gestalten.
Zu den Avantgardisten wird sein Kollege Hermann Hesse gemeinhin nicht gezählt. In intellektueller Rezeption erscheint Hesse als „literarischer Gartenzwerg“, wie selbst der Hermann-Hesse-Herausgeber Volker Michels konstatiert. Literarischem Scharfsinn gegenüber, räumt er ein, haben Hesse Texte viele Nachteile: sie sind leicht zu lesen, aber schwer zu leben. Seine Gesellschaftskritik beginne mit Selbstkritik: auf den einzelnen kommt es Hesse an. Er schreibt: „Es fehlt nicht an Autoren, der Verzweiflung an unserer Zeit und deren Angst vor dem Chaos echt ist. Es fehlt aber an solchen, deren Glaube und Liebe ausreicht, sich selber über dem Chaos zu halten.“ Der Mensch, den ich suche und erwünsche, ist der, der sowohl der Gemeinschaft wie des Alleinseins, sowohl der Tat wie der Versenkung fähig ist.“
Immer von neuem muss „das Paradoxe wieder gewagt“ werden, so zitiert Hermann Hesse gleich zu Beginn der Morgenlandfahrt seinen Siddharta, „das an sich Unmögliche muss immer neu unternommen werden.“ Zeitlebens hat Hesse an dieser Maxime festgehalten und ging solchermaßen eben doch verdient als weiser Mann in die Geistes- und Literaturgeschichte ein.
Konzeption & Moderation
GERD HOLZHEIMER
Sprecher
AXEL WOSTRY
Ein Dreigestirn wird gern genannt, wenn es darum geht, den Aufbruch in die Kunst der Moderne mit Namen zu versehen: Arnold Schönberg, Wassilij Kandinsky, Thomas Mann. Musik, bildende Kunst und Literatur schaffen gemeinsam die künstlerische Grundlage des zwanzigsten Jahrhunderts, und man darf sich freuen, dass etliche Geburtsstunden in einem Land stattgefunden haben, in dem Avantgardisten sie nicht unbedingt vermuten wollen, in Bayern.
Wirft man, um Thomas Mann näher zu kommen, einen Blick in seine Tagebücher, wird eine erstaunliche Diskrepanz spürbar zwischen der großbürgerlichen Erscheinung, die er nach außen verkörpert, und den extemen Brüchen, die ihn seine künstlerische Berufung verursacht – und nicht nur die. Im Stil des Lebensführung wie des meisterlichen Schreibens gelingt es ihm, diese Brüche zwar nicht auszugleichen, aber doch immerhin lebbar zu gestalten.
Zu den Avantgardisten wird sein Kollege Hermann Hesse gemeinhin nicht gezählt. In intellektueller Rezeption erscheint Hesse als „literarischer Gartenzwerg“, wie selbst der Hermann-Hesse-Herausgeber Volker Michels konstatiert. Literarischem Scharfsinn gegenüber, räumt er ein, haben Hesse Texte viele Nachteile: sie sind leicht zu lesen, aber schwer zu leben. Seine Gesellschaftskritik beginne mit Selbstkritik: auf den einzelnen kommt es Hesse an. Er schreibt: „Es fehlt nicht an Autoren, der Verzweiflung an unserer Zeit und deren Angst vor dem Chaos echt ist. Es fehlt aber an solchen, deren Glaube und Liebe ausreicht, sich selber über dem Chaos zu halten.“ Der Mensch, den ich suche und erwünsche, ist der, der sowohl der Gemeinschaft wie des Alleinseins, sowohl der Tat wie der Versenkung fähig ist.“
Immer von neuem muss „das Paradoxe wieder gewagt“ werden, so zitiert Hermann Hesse gleich zu Beginn der Morgenlandfahrt seinen Siddharta, „das an sich Unmögliche muss immer neu unternommen werden.“ Zeitlebens hat Hesse an dieser Maxime festgehalten und ging solchermaßen eben doch verdient als weiser Mann in die Geistes- und Literaturgeschichte ein.
Konzeption & Moderation
GERD HOLZHEIMER
Sprecher
AXEL WOSTRY