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Veranstaltungsinfo

Do, 18.06.2015
20.00 Uhr
Schauspiel

15,00

Ausverkauft.
Es gibt noch Karten für die Veranstaltung am 20.6.

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Jugendtheater: Tod eines Superhelden

Ein Jugendtheaterprojekt nach dem Roman "Superhero" von Anthony McCarten. Empfohlen ab 14 Jahren.
„Denn was vier Meter tief sein sollte, ist auf der anderen Seite ein achtzig Stockwerke tiefer Abgrund. […] Auf der einen Seite der Abschluss einer Sackgasse, auf der anderen Seite die Fassade eines Wolkenkratzers geradewegs hinab bis zu einer Großstadtstraße. Klarer Fall, er steht hier an einer Grenze, an der Pforte zu einer magischen Megalopolis, zu der er allein Zugang hat.“ (Auszug aus dem Roman „Superhero“ von Anthony MCcarten
Donald ist 14 und träumt von der ersten Liebe, dem ersten Kuss, dem ersten Sex. Doch er hat wenig Zeit – er ist schwerkrank. Was ihm bleibt, ist ein Leben im schnellen Vorlauf. Das schafft aber nur ein Superheld. Wie besessen zeichnet Donald Comics, in denen sein unbesiegbarer Alter Ego„MiracleMan“ gegen den  Bösewicht „the Glove“ und seine Gespielin „Nursey Worsey“  kämpft. Aber kann MiracleMan ihm helfen? Oder braucht Donald ganz andere Helden?
Die Geschichte von Donald Delpe, nach dem Jugendroman „Superhero“ von Anthony McCarten, wurde als deutsch/irische Kinoproduktion verfilmt und ist nun erstmals in München als Theaterstück zu sehen. Dabei werden alle Rollen von 9 Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren aus München und dem Landkreis Starnberg gespielt.
Gefördert wird das Jugendtheaterprojekt vom Kulturreferat München, Abteilung Kulturelle Bildung / Think Big / Kreissparkasse München-Starnberg.
25% der Gewinne der Vorstellungen werden an die Carreras Leukämie-Stiftung gespendet.
 
 
Mitwirkende:
 
Cedric Carr, als Donald
Jasper Deindl, als Adrian
Johannes Schreiber, als Jim/Raff
Daniel Gonzales, als Gummifinger/Jeff
Milla Weiler, als Renata/Rachel
Alina Maria Lussine, als Dr. Sipetka/Shelly
Delphine Cioffi, als Krankenschwester/Tanya
Jawad Sankofa, als Miracleman
 
Chris Hohenester, Gesamtleitung, Regie
Manuela Müller, Bühnenbild
Mika Braun, Kostüme
Anja Bauer, Produktionsleitung und Öffentlichkeitsarbeit

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG AM 09.06.2015
VIEL LEBEN IN SO KURZER ZEIT, von Barbara Hordych
Ganz genau hatten es die acht Jugendlichen wissen wollen, die seit Februar dieses Jahres die Bühnenadaption des Jugendromans "Tod eines Superhelden" proben. Weshalb sie sich mit ihren Fragen direkt an den neuseeländischen Autor Anthony McCarten wandten. Wieso er ein Buch über "such a heavy subject" geschrieben habe? Und wie er auf die Idee gekommen sei, die Geschichte eines unheilbar an Krebs erkrankten Teenagers ausgerechnet mit schrägen Comicszenen zu verknüpfen - gezeichnet von ebendiesem Helden, dem 15-jährigen Donald?

"Es gab in den Achtzigerjahren den Fall eines Therapeuten, der einem Teenager half, seine Unschuld zu verlieren", antwortete der Autor auf die Fragen der 15- bis 18-Jährigen. Auch seien seine Eltern beide an Krebs gestorben, "so kamen diese beiden Dinge zusammen". Dazu sei er selbst Vater dreier Söhne, von daher wisse er, was Jungs in diesem Alter beschäftige. Und natürlich war er selbst auch einmal Teenager. Schon damals hätten ihn Comics fasziniert, deshalb liebe er es auch heute noch, verschiedene Kunstformen in seinen Geschichten einzusetzen. Der Austausch mit dem in London und Los Angeles lebenden Autor erfolgte per Mail, irgendwann schickten die Jugendlichen ihm auch erste Fotos von sich. Plötzlich kam die Nachricht von McCarten: Er komme zur Premiere am Mittwoch, um nach der Vorstellung mit den Darstellern und den Zuschauern zu diskutieren.

Eine Ankündigung, die sicherlich auch damit zu tun hat, dass McCartens Frau, die er vor einigen Jahren bei einer Lesung in München kennengelernt hat, aus der bayerischen Landeshauptstadt stammt. "Das ist natürlich irre; und wir sind sehr aufgeregt, was er zu unserer Aufführung sagen wird", meint Milla Weiler, 16, die Tochter des Autors Jan Weiler. Im Stück ist sie doppelt besetzt, zum einen spielt sie Donalds Mutter, zum anderen ist sie in der Comic-Parallelwelt Rachel, die Freundin von Donalds muskulösem Alter Ego, dem Superhelden "Miracleman". Verkörpert von Jawad Sankofa, wirbelt Miracleman während der Hauptprobe in roten Boxershorts in Breakdance-Moves über die Bühne, schlägt kühne Salti. Derweil erzählt Milla, dass sie Regisseurin Chris Hohenester schon seit vielen Jahren kenne, ist sie doch mit deren Tochter Delphine befreundet, die in der Comic-Welt "Nursey Worsey" mimt, die üble Gespielin von Miraclemans Widersacher "Gummifinger".

"Ich habe ein Stück für diese Altersgruppe gesucht, das nicht nur witzig sein, sondern auch eine Tiefe haben sollte", erzählt Regisseurin Chris Hohenester, die am Münchner Residenztheater Theaterlabors für Tanz und Bewegung leitet. Als Textgrundlage diente eine Fassung, die ihr der Dramaturg des Jungen Ensembles Stuttgart überlassen hat. Mehrere ihrer Jungdarsteller castete sie bei der Jugend-Schauspielagentur Schwarz in Starnberg. Beispielsweise auch Cedric Carr, 15, der die Hauptfigur des krebskranken Donald verkörpert. Der schmale Junge mit der grünen Wollmütze verfügt über eine beeindruckende Palette von Ausdrucksmöglichkeiten - er wütet auf der Bühne, wenn er alleine ist, er reagiert verstockt, wenn der Therapeut ihm Gesprächsangebote macht, er ist verwirrt, als die kesse Shelly ihn antanzt. Zynische Sprüche beherrscht Cedric genauso wie verzweifelte Sprachlosigkeit, nur eines kann er nicht: Zeichnen. "Wir haben lange gesucht, um jemanden zu finden, der diesen Part für Cedric übernimmt", sagt Hohenester. Die Lösung stand eines Tages überraschend vor der Tür. Ein Junge, der vor dem Kulturzentrum im Westend, in dem das Ensemble regelmäßig probte, ein Graffiti auf ein Plakat sprühte. "Den haben meine Darsteller einfach gefragt, ob er mitmachen will", so die Regisseurin. In der Inszenierung bringt Ludwig Dressler, der die Fachoberschule für Gestaltung besucht, jetzt als Double von Donald dessen Phantasiebilder auf große, weiße Leinwände - live, während der Vorstellung.

Den Spagat zwischen Entwicklungsdrama und makabrer Komödie schafft Hohenesters Inszenierung genauso wie McCartens Roman und dessen Verfilmung "Das Ende eines viel zu kurzen Tages" (2012), zu der der Autor auch das Drehbuch geschrieben hat. Die schwarzhumorige und zugleich sensible Geschichte behandelt die für einen 15-jährigen Jungen existenziellen Fragen. Denn Donald ist trotz seiner Krankheit auch ein ganz normaler Teenager, der von der ersten Liebe, oder doch wenigstens vom ersten Sex träumt. Aber es ist eben nicht leicht, ohne Haare ein Mädchen anzusprechen. Da helfen auch die großmäuligen Anmach-Ratschläge seines älteren Bruders nicht viel. Kein Wunder, dass sich Donald immer wieder in seine selbst erschaffene Fantasiewelt zurückzieht. Die wird bevölkert von coolen und super sexy Figuren, in deren Mittelpunkt er als unverletzlicher Miracleman steht.

Die schrillen Kostüme dieser wunderbar frechen und rotzigen Comic-Protagonisten, allen voran der auf hohen Plateauschuhen staksende Bösewicht "Gummifinger", seine Gehilfin "Nursey Worsey" als Verkörperung eines sadomasochistischen Krankenschwester-Albtraums und die im silbernen Minikleid à la "Star Trek" schillernde Rachel, stammen von Mika Braun, die schon bei der Ausstattung von Katja von Garniers "Ostwind"- und bei den "Wilde Kerle"-Filmen ihr Gespür für jugendliche Outfits bewiesen hat. Mit ihrem professionellen Blick sieht sie bei der Hauptprobe direkt, dass etwas nicht stimmt. "Cedric, deine Schuhe sehen aus wie frisch aus dem Geschäft, denen fehlt die Patina", sagt sie, als der Angesprochene in leuchtend blauen Sneakers die Bühne betritt. Da hilft nur eines: Hinaus vor das Theater, Sand und Staub sammeln und damit die Schuhe einreiben. Damit sie älter und getragener aussehen, als sie sind. Ein Verfahren, das auch für die kurzen, intensiven Szenen stehen könnte, die von Donalds Erlebnissen und Sehnsüchten erzählen. Nicht von ungefähr sagt Miracleman, bevor er für immer die Augen schließt: "Heute Nacht habe ich ein ganzes Leben gesehen. Jetzt kann ich gehen." Wenn das Leben kurz ist, muss eben alles ein wenig schneller geschehen.

Tod eines Superhelden, Mittwoch und Samstag, 10. und 13. Juni, 19.30 Uhr, I-camp, Entenbachstr. 37; 18. und 20. Juni, 20 Uhr. Bosco Gauting; 28. und 29. Juni, 19 Uhr, Festival Rampenlichter

Nach(t)kritik
Die Mütze
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin
Die Mütze, die der vierzehnjährige Donald zu jeder Zeit auf dem Kopf trägt, unterscheidet ihn nicht unbedingt von anderen Altersgenossen. Sie ist der Code für die Musik, die Donald und andere Vierzehnjährige hören, steht für coole Sprüche, für die Szene der Graffitis- und Comic-Fans. Donald kann sogar selber phantastisch zeichnen. Miracleman, heißt sein eigener Comic-Held, der sich aufmacht, das Böse zu besiegen und die Welt , vor allem aber die schöne Frau an seiner Seite, zu retten.
Die Mütze auf Donalds Kopf ist trotzdem anders. Sie verbirgt das untrügbare Zeichen für Donalds Krankheit: er hat Krebs, die Chemotherapie hat ihm die Haare genommen. Der Krebs nimmt ihm die Zeit. Donald muss alles viel schneller erleben, seine Jugend, die erste Liebe - er muss ganz einfach schneller leben. So wie Miracleman. Der kann das. Darum zeichnet Donald wie besessen, erweckt Miracleman zum Leben und lässt ihn durch die Welt rasen wie ein echter Superheld. „Death of a Superhero“, heißt der großartige Roman von Anthony McCarten, und „Tod eines Superhelden“ heißt die rasante, ausgezeichnete Theaterproduktion der aus Planegg stammenden Regisseurin Chris Hohenester. Mit neun Jugendlichen im Alter zwischen fünfzehn und achtzehn hat sie eine Szenencollage aus temporeich aufeinanderfolgenden, dichten Bildern erarbeitet, die an Donalds Comic erinnern und in denen immer mehr Realität und Phantasie ineinander verschwimmen. Während Donald, dessen Alltag von Klinikaufenthalten, Therapeutenbesuch und Begegnungen mit seinen Freunden geprägt ist, immer schwächer wird, nimmt in seiner Phantasie der Superheld Miracleman den Kampf auf gegen einen Horrorarzt mit blutiger Schürze und krallenbesetzten Gummihandschuhen. Und als Donald in einem letzten Versuch, den Krebs aufzuhalten, Knochenmark entnommen werden soll, wehrt Miracleman sich gegen Gummifingers Attacke mit aller Kraft, die ein Superheld besitzt. Verlieren werden sie am Ende beide – oder doch nicht? Haben Donald und sein Superheld nicht unendlich viel mehr gewonnen: die wahre Liebe, echte Gefühle, eine andere, künstlerische Art der Weltwahrnehmung?
Jawad Sankowa lässt als Breakdancer seinen Miracleman auf einer anderen und ebenso künstlerischen Ebene agieren wie der Zeichner Ludwig Dressler, der als „Double“ Donalds Zeichnungen live auf der Bühne entstehen lässt, auf einer Leinwand im Proszenium. So gewinnt die Phantasiewelt eine mit wenigen Mitteln gestaltete wirkungsvolle Bedeutung und gerät zur eigentlichen „Echt-Welt“. Ihr gegenüber steht die zum Comic sich wandelnde Ebene der Realität, in der Donalds mit der Situation vollkommen überforderte Eltern mit Büchern aufeinander einschlagen oder in unbegründete Euphorie geraten. Einzig der Psychotherapeut – sehr überzeugend gestaltet von Jasper Deindl – hört Donald zu und akzeptiert seinen Anspruch, trotz der lebensbedrohlichen Krankheit als normaler Jugendlicher angenommen zu werden.
Ein großer Coup ist der Regisseurin mit der Besetzung der Hauptfigur gelungen: Cedric Carr aus Starnberg ist ein wahrer Glücksfall für diese Rolle, er spielt den Donald mit einer souveränen Selbstverständlichkeit, jenseits jeglicher Theatralik und mit so großer Würde, dass man tatsächlich sowohl das eigen Bild der Figur nach der Romanlektüre vergisst als auch beinahe Thomas Brodie-Sangster aus der Verfilmung „Am Ende eines viel zu kurzen Tages“ (die im vergangenen Jahr in der Reihe „film im bosco“ zu sehen war). Es liegt nicht zuletzt an ihm, dass man diese rasante, geschickt zwischen Groteske und Tragödie balancierende Vorstellung nicht so schnell vergessen wird.
SABINE ZAPLIN
 
Galerie
Bilder der Veranstaltung
Do, 18.06.2015 | © Werner Gruban