Schubert und Schostakowitsch – und Johannes Fischer: Ob das wohl funktionieren wird? Eine zuvor vielgestellte Frage, die nun beantwortet ist. Ja, es funktionierte sogar sehr gut. Nicht per se, vielmehr dank der großartigen Interpreten, die einen Weg gefunden haben, ohne zu protzen starke Emotionen zu wecken und die schicksalhaften Hintergründe sowohl bei Schubert als auch bei Schostakowitsch als verbindendes Element zu gewinnen. Das klingt einfach, ist aber de facto enorm schwierig, weil diese Ebene nur unterschwellig präsent ist. Sie ist spürbar, aber nicht fassbar.
Vor allem bei Schubert, dessen erstes Klaviertrio (B-Dur, D 898) zunächst recht heiter daherkommt. Mit beseelter Lyrik wird auch das kraftvolle Kopfsatzthema beantwortet. Erst in der Durchführung verdichten sich die Themenvarianten zu dramatischen Ausbrüchen, die sogleich schmerzhaft in sich sinken. Ebenso im zweiten Satz saß das Leid tief, verschleiert vom „seligen Träumen“ (Schumann). Das spätere rhapsodische Klavierthema verriet schon etwas vordergründiger davon, zumal das Ensemble das Klangbild unmissverständlich abdunkelte.
Natalia Prishepenko (Violine), Sebastian Klinger (Violoncello) sowie Marianna Shirinyan (Klavier) sind musikcharakterlich nicht unbedingt eng verwandt. Sie sind aber Vollblutkammermusiker, die sich hier mit Hingabe und herausfordernder Intensität auf ihre Mitspieler einließen. Und gemeinsam zu musizieren, bereitete den drei international renommierten Instrumentalisten sichtlich und hörbar Vergnügen. Das Scherzo galoppierte denn auch in leichtfüßiger Heiterkeit dahin, unterbrochen nur vom spielfreudigen Ländler-Trio.
Das schlichte Tanzthema des Rondo-Finales täuschte gekonnt: Hier bahnte sich sukzessiv eine weit gedehnte Steigerung zur Coda und finalen Entladung in der Presto-Stretta hin. Das Projektensemble hatte es aber nicht eilig, verdichtete sachte, kostete jedes Detail aus und fokussierte alles auf die fast unmerklich fortschreitende Weitung des Mitteleinsatzes, der Dramaturgie des Werkes folgend.
Auch darin fanden die beiden großen Komponisten durchaus Gemeinsamkeiten. Dennoch lagen die Ausprägungen weit auseinander. Insofern erwies sich „DmitriRemix“ für ein Schlagwerkduo (Johannes Fischer und Domenico Melchiorre) von Fischer selbst als das Zünglein an der Waage, was die Kompatibilität der Werke anbetrifft. Im beeindruckenden Timing präsentierte das Duo ein überaus feinsinnig differenzierendes Spiel der Klangfarben. Leise Geräusche durch Styropor-Reibung auf den Fällen der Trommeln forderte das Publikum heraus, höchst konzentriert zu lauschen. Auch hier spannte der Komponist einen weiten Bogen über die zerklüftete Anlage, der schon etwas von der Spannung des nachfolgenden Werkes verriet.
Die 15. Symphonie bearbeitete Viktor Derevianko, nachdem er ihrer Uraufführung beigewohnt hatte, für eine Kammermusikbesetzung. Klaviertrio und Schlagzeugduo sollten dem symphonischen Anspruch gerecht werden. Und tatsächlich gelang den Interpreten hier nicht nur dieses Kunststück, sondern auch die Nachvollziehbarkeit der Originalinstrumente. Die Streicherstimmen blieben bei der Violine und beim Violoncello, während das Klavier die Bläserstimmen Substanzvoll übernahm. Schlagwerk- und Celestastimmen blieben unberührt. Derevianko bewies ein gutes Händchen dafür, das Wesentliche der Komposition zu erfassen. Es hieß jedenfalls: „Dmitri Dmitrijewitsch billigte die Bearbeitung, sogar ohne irgendwelche Korrekturen vorzunehmen“.
Diese Komposition ist schon eine gewaltige Berg- und Talfahrt der Gefühle, zwischen burlesker Ironie, verschnörkelter Spiellust sowie orchestralem Aufbäumen bis hin zu ins unerträgliche gedehnten Phrasierung. Das Ensemble des Abends bewies ein ausgeprägtes Fingerspitzengefühl für die feinsinnige Differenzierung. Kulminierend in reichhaltigen Färbungen voller Ausdruckshaft. Begeisterte und lang anhaltende Ovationen.