Veranstaltungsinfo
Metropoltheater: Die letzte Karawanserei - von Ariane Mnouchkine
Ariane Mnouchkine, Mitbegründerin und Leiterin des Théâtre du Soleil, hat in den Jahren 2001 bis 2003 über 400 Interviews mit Flüchtlingen und Asylsuchenden überall auf der Welt geführt. Ihr daraus entstandenes Projekt DIE LETZTE KARAWANSEREI gibt diesen Menschen Gesichter und ihren Geschichten Raum. Es sind Geschichten, die – obwohl in ihrer Zeit und an konkreten Orten verankert – gegenwärtig mehr denn je auch in anderen Ländern ihre erschreckend genaue Entsprechung finden. Mnouchkine verzichtet auf Schuldzuweisungen und eindeutiges Schwarz-Weiß-Zeichnen und lässt gerade dadurch ein allgemeingültiges, zeitloses Kaleidoskop der menschlichen Entwürdigung entstehen, das nur vereinzelt Momente der Hoffnung und Humanität durchscheinen lässt.
Deutsche Erstauführung
Stückdauer: ca. 2,5 Stunden, eine Pause
Einführung: 19.15 Uhr
Regie JOCHEN SCHÖLCH
Bühne THOMAS FLACH
Kostüme SANNA DEMBOWSKI
Licht HANS-PETER BODEN
Video DANIEL HOLZBERG
Dramaturgie KATHARINA SCHÖFL
Maske NICOLE WEINFURTNER
Musik ELENI KARAINDROU
Regieassistenz DOMGOJ MASLOV
Mit
BUTZ BUSE, VANESSA ECKART, LILLY FORGÁCH
MARC-PHILIPP KOCHENDÖRFER, PATRICK NELLESSEN
JAMES NEWTON, SOHIE ROGALL, HUBERT SCHEDLBAUER
DASCHA VON WABERER, WLI WASSERSCHEID
Pressestimmen:
DER SCHÖNSTE THEATERABEND
Von Malve Gradinger, Münchner Merkur 04.06.2016
Es ist der schmerzvollste, zugleich schönste und berührendste Theaterabend seit langem. Deshalb muss man „Die letzte Karawanserei“ im Münchner Metropol sehen. Vorlage war Ariane Mnouchkines Projekt „Le dernier caravansérail“, uraufgeführt 2003 von ihrem Pariser Théâtre du Soleil. Die große französische Theaterfrau befragte ab 2001 dafür 400 Flüchtlinge und Asylsuchende zwischen Frankreich und Zentralasien. Inzwischen ist Flüchtlings-Doku-Drama ja der große Trend – als Schnell-Reaktion auf die aktuelle Krise. Metropol-Chef Jochen Schölch packt das Thema eher in seiner Zeitlosigkeit an, macht das immer schon da gewesene, immer fortdauernde Elend der Benachteiligten, Unterdrückten und Machtlosen fühlbar – den Überlebenskampf.
Es gibt wohl zwei spektakuläre Rettungsszenen von Flüchtenden in gefährlich tosendem Gewässer (exzellente Videotechnik: Daniel Holzberg). Aber meist treten diese Mini-Dramen nur kurz und eindringlich aus der Stille heraus und verlöschen wieder im schweigenden Dunkel. Man sitzt wie unter einer Haube der Beklemmung, wenn eine Mutter ihre Tochter zur Prostitution drängt, um das Schleusergeld zusammenzukratzen; wenn die lernbegierige Tschetschenin der Enge des Dorfes durch Flucht in den Westen entkommen will; wenn die Flüchtlinge sich durch ein Loch im Grenzzaun zwängen und sie vom Auffanglager aus daheim anrufen, um den Eltern etwas vom schönen Paris vorzulügen. Man wird sich, fast beschämt erschreckend, auch wieder der eigenen persönlichen Freiheit bewusst, wenn die muslimischen Sittenwächter lautlos hinter ihrer Gazewand hervortreten, um ein Liebespaar zu bestrafen, und der Imam mit Megafon unzählige Verbote brüllt. Eine Frau ist nur noch vollverschleiertes, rechtloses Objekt – hier wird sie aufgehängt.
Die täglich durchs Fernsehen gelieferten Schreckensnachrichten haben uns abgebrüht. Bei Schölch und seinen wunderbar konzentrierten Schauspielern hat man wieder gefühlt.