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Veranstaltungsinfo

Mi, 09.10.2024
20.00 Uhr
Schauspiel

32,00 / 12,00 / 12,00

Regulär / bis 25 Jahre / Gäste, die auf inklusive Kulturangebote angewiesen sind

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Metropoltheater München: "Slippery Slope - Almost a Musical" von Yael Ronen und Shlomi Shaban - barrierearme Aufführung

Die Veranstaltung findet ohne Audiodeskription statt. Alle weiteren Angebote bleiben bestehen.

Der Auftritt des Metropoltheater München am 09.10.2024 ist als barrierearme Veranstaltung geplant und richtet sich insbesondere an Menschen mit Hör- und Sehbehinderung - bietet aber auch für alle anderen Interessierten eine spannende Bühnenerfahrung.

Ein Ankündigungsvideo in Gebärdensprache finden Sie hier.
Ein PDF mit allen wichtigen Informationen kompakt hier.

Ein berühmter Musiker versucht sich nach einem Cancel-Culture-Skandal an einem Comeback, als er erkennt, dass seine von ihm einst protegierte, junge Ex-Geliebte ihn in Sachen Musikkarriere und Ruhm längstens überholt hat. Diese, gerade noch aufgehender Weltstar am Popmusik-Himmel mit 90 Millionen TikTok-Followern, klagt ihn öffentlich der Ausnutzung und Manipulation an und sieht sich plötzlich selbst einem Social Media-Shitstorm von Bedrohungen und Beschuldigungen ungeahnten Ausmaßes ausgeliefert.
Eine Journalistin möchte einer jungen Pornodarstellerin helfen und mit ihrem Artikel der ausbeuterischen Filmproduktionsfirma das Handwerk legen, gerät dabei aber unerwartet selbst unter die Räder, und eine kompromisslose Chefredakteurin kann am Ende nur noch versuchen, ihre eigene Haut zu retten.

In einer Zeit, in der Hilfsbereitschaft schnell als Grenzüberschreitung gilt, vor Humor gewarnt und Ironie bitte nicht ohne Disclaimer oder zumindest relativierendes Emoji verwendet werden soll, canceln Yael Ronen und Shlomi Shaban in einem spielerisch und musikalisch fulminanten Reigen, in dem alle Personen miteinander verwoben sind, eine Figur nach der anderen weg und handeln so rasant wie erfrischend ungeniert sämtliche Themen ab, die unsere momentane Debattenkultur prägen: Rassismus, Sexismus, Machtmissbrauch, #MeToo, Feminismus, Social Media-Wahn, kulturelle Aneignung, Cancel Culture, Political (In)Correctness.
Wer in "Slippery Slope" wen benutzt und aus welchem Motiv heraus und wem hier was zu Recht oder zu Unrecht passiert, wird dabei genauso lustvoll zur Diskussion gestellt wie die Frage, wohin das Pendel der Wokeness zukünftig schwingen wird.

Von YAEL RONEN und SHLOMI SHABAN  mit Musik von SHLOMI SHABAN, YANIV FRIDEL und OFER SHABI, zusätzliche Texte von ITAI REICHER und RIAH KNIGHT, Deutsch von IRINA SZODRUCH

Regie PHILIPP MOSCHITZ
Bühne THOMAS FLACH
Kostüme CORNELIA PETZ
Choreographie KATJA WACHTER
Musikalische Einstudierung/Korrepetition ALAN SOKOL
Licht HANS-PETER BODEN
Ton MARTIN HERMANN
Maske KATINKA WISCHNEWSKI

Mit RENÉ DUMONT, STEPHANIE MARIN, INA MELING, PHILIPP MOSCHITZ, JUDITH TOTH

Einführung 19:15 Uhr
Dauer 1 Std. 40 Min. (keine Pause)

 

BlindZeichenspracheTaubPerson im Rollstuhl

Für die barrierearme Aufführung am 9. Oktober 2024 ist folgendes Angebot geplant:

  • Live-Audiodeskription
  • Dolmetschen in Gebärdensprache
  • Bühnenbegehung
  • Induktive Höranlage
  • Zusätzliche Rollstuhlplätze
  • Assistenzhundplätze

Zusätzlich bieten wir optional:

  • Abholservice an S-Bahn- oder Bushaltestellen Gauting (Uhrzeit nach Absprache)
  • Bühnenbegehung für Gäste mit Sehbehinderung (18:45 Uhr)
  • Einführung ins Stück mit Gebärdensprachdolmetscher:innen (19:15 Uhr)
  • Begleitservice zum Bahnhof und zur Bushaltestelle (nach Veranstaltungsende)

Allgemeine Informationen zur Barrierefreiheit im bosco Gauting finden Sie hier.
Eine Anfahrtsskizze und Hilfreiches zur Anreise bieten wir hier.


Infos zu den Tickets:

  • Gäste, die auf inklusive Kulturangebote angewiesen sind, erhalten für diese Veranstaltung einen vergünstigten Eintrittspreis von € 12.
  • Gäste, die auf eine Begleitperson angewiesen sind (Merkzeichen B im Ausweis), können kostenfrei einen Platz für ihre Begleitung buchen.
  • Wir bitten um Anmeldung über das Theaterbüro, um Ihnen die vorreservierten inklusiven Sitzplätze zur Verfügung zu stellen und ggf. die Ermäßigung in Anspruch zu nehmen. Assistenzhunde sind ausdrücklich erlaubt.
  • Anmeldung wenn möglich bis Mittwoch, 02. Oktober 2024

Kontakt: Telefon: 089 45 23 85 80 | Fax: 089 45 23 85 89 | E-Mail: kartenservice@theaterforum.de

Das Kartenbüro ist in den Sommerferien von Samstag, 10. August bis einschließlich Montag, 02. September geschlossen.

 

Ankündigungsvideo in Gebärdensprache:

Die Veranstaltung folgt dem Konzept der Reihe "All Inclusive" des Metropoltheaters München:

Seit der Spielzeit 2018/19 gibt es im Metropoltheater München, seit 2017 als erstes Theater Bayerns ausgezeichnet mit dem vom Bayer. Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration verliehenen Signet "Bayern barrierefrei - wir sind dabei", die Reihe All Inclusive:

Im Rahmen dieser Reihe bietet das Metropoltheater ca. drei Mal im Jahr Vorstellungen mit Live-Audiodeskription und Gebärdensprachdolmetschen an, um blinden/sehbehinderten und gehörlosen Menschen die Theaterproduktionen zugänglich zu machen und ihnen zu ermöglichen, das Theatererlebnis mit allen Besuchern zu teilen. Das heißt, die Vorstellungen dieser Reihe stehen selbstverständlich allen Zuschauern offen, so dass sie im besten Sinne des Wortes inklusiv sind.

Für blinde und sehbehinderte Menschen gehört zum festen Bestandteil einer solchen Vorstellung eine Bühnenbegehung vor der Vorstellung zum Kennenlernen von Schauspielern, Kostümen und Bühnenbild, ebenso wie eine Abholung der angemeldeten Besucher am Bahnhof.
Metropoltheater München | Munich

Nach(t)kritik
Auf dem dünnen Eis der Deutungshoheit
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

Es ist die „magische Nacht der Bekenntnisse“: Musiker Gustav möchte sein Come-Back feiern, nachdem ihn ein medialer Skandal um seine Person zum unfreiwilligen Abtauchen gezwungen hat; Tictoc-Star Sky, die einst von Gustav entdeckt wurde und den Anlass rund um Gustavs Rückzug bot, ist in den Verdacht geraten, sich unrechtmäßig kultureller Elemente der Roma-Musikszene bedient zu haben; die investigativ arbeitende ehrgeizige Journalistin Stanka hat das Leben einer Pornodarstellerin, deren Schicksal sie mit einer ihrer Reportagen öffentlich gemacht hat, auf dem Gewissen; und Gustavs Frau Klara, Chefin einer Zeitung mit emanzipatorischen Zielen und mit eigenen politischen Ambitionen, hat ebenfalls eine ziemlich große Leiche im Keller, von der mindestens ihr Mann Gustav wissen dürfte. Alle vier, die einander beäugen, verdächtigen, an den Pranger stellen, bewegen sich auf äußerst dünnem Eis, auf „Slippery Slope“ - so der Titel des Stücks von Yael Ronen und Shlomi Shaban.

Cancel Culture, Cultural Appropriation, Rassismus, Sexismus und Machtmissbrauch sind die Themen des „Fast“-Musicals, das vom Metropoltheater unter der Regie von Philipp Moschitz als rasanter Reigen auf die Bühne gestellt wird, die Thomas Flach mit  Glitzervorhängen umrahmt und nach hinten mit ineinander geschachtelten Rahmen zu einem unendlichen Bild(er-)schirm gestaltet hat. Es geht darum, wer die Erzählhoheit besitzt, wessen Narrativ das stärkste, überzeugendste ist und wem damit die Macht zufällt, die Fäden ziehen zu dürfen. Der Kampf um die Deutungshoheit ist eröffnet, die Arena ist gut gefüllt - lasst die Löwen los!

René Dumont spielt Gustav, den in die Jahre gekommenen Musiker: noch immer versteht er nicht ganz, warum er seine Hits vom Klezmer-Album oder von seinem so höchst erfolgreichen Roma-Album nicht mehr singen darf und weshalb man es ihm so übel genommen hat, dass er den Reizen dieser jungen Frau, Sky, so vollkommen erlegen ist. Zwischen Zerknirschung und selbstherrlicher Vorgestrigkeit ist dieser Gustav eine traurige Gestalt aus einer zum Glück vergangenen - aber doch immer wieder aufflackernden - alten Zeit (die nie gut war).

Gustavs Frau Klara ist bei Judith Toth eine toughe Karrierefrau, die sich als engagiert im Namen der Entmachteten und Ausgebeuteten gibt, der Frauenbewegung eine Stimme verleihen will und mit größtem Selbstbewusstsein auf der richtigen Seite zu stehen scheint. Ihr wunderbarer „Queen Size Bed blues“ offenbart, abseits von Licht und Glamour, sehr fein gezeichnet ihre verletzliche Seite.

Ina Melings Stanka Sto ist eine bossy auftretende Medienexpertin mit extrem guten Gespür für skandalträchtige Geschichten, die sie als notwendige Geschichten im Sinne des Rechts der Allgemeinheit auf Aufklärung auszustatten weiß. Dass sie selber dabei sprichwörtlich wie tatsächlich über Leichen geht, setzt ihr mehr zu, als sie sich zugestehen kann.

Sky wird von Stephanie Marin in ihrer ganzen Entwicklung gezeigt, angefangen vom naiven Hippygirl im Gipsy-Style über den rasanten Aufstieg zum hippen Tictoc-Star mit unzähligen Followern bis zum tief gefallenen Cancel-Opfer, das selber genau weiß, wieviel davon ihr zu Recht und wieviel unrechtmäßig vorgeworfen wird - da sie selber nur allzu gern auf dieselbe Weise agiert.

In zahlreichen weiteren Rollen - als Agentin, als Skys schillernder Duo-Partner, als Krisenkommunikations-Manager mit den richtigen Strategien für die nicht selten selbst erzeugten Skandale - ist Philipp Moschitz, extrem wandelbar und somit auf mehrfache Weise dem Thema entsprechend agil, ausgestattet mit Glitzercharme, Glamour und Travestie, ein wahrer Showbizz-Profi.

Aber singen (für die musikalische Einstudierung zeichnet Alan Sokol verantwortlich) und tanzen (in der Choreographie von Katja Wachter) kann das ganze Ensemble hervorragend, so dass dieser humorvolle, musikalische Abend vor allem sehr viel Spaß macht. Und das ist auch bitter nötig bei den Themen, die seit längerem die öffentliche Debatte bestimmen und durchaus vergiften: wenn Cancel Culture und der Streit um die Deutungshoheit in Fragen von Rassismus oder Kultureller Aneignung den Blick darauf mit einem Lächeln, einem Augenzwinkern, dem gesunden Abstand des Humors vermissen lassen, gehen wir wahrlich finsteren Zeiten entgegen. So war die Entscheidung des Metropoltheaters, Yael Ronens „Slippery Slope“ als künstlerische Antwort auf den so schmerzhaften, medial stark bespielten Vorgang rund um „Die Vögel“ von Wajdi Mouawad, welcher schließlich zum Absetzen des Stücks führte, in jeder Hinsicht richtig und erkenntnisbringend. Unbedingt anschauen!