Gauting – Wie´s ums viel gelobte Ehrenamt in Gauting bestellt ist, diskutierte Stefan Berchtold, Gemeinderats-Referent für Kultur, am Sonntagnachmittag in der Reihe „Talking Heads“ in der Bar des Gautinger bosco. Auf dem Podium standen Constanze Höpner von der Feuerwehr Unterbrunn, Robert Frank, Vorsitzender des TV Stockdorf, Benjamin Stettner vom Energiewendeverein, Jasmin Klingan, Kuratoriums-Vorsitzende der Musikschule Gauting-Stockdorf, Netzwerker Willi Rodrian, aber auch Monika Bezdek vom Eltern-Kind-Programm (EKP) Rede und Antwort.
„Mehr als 1 000 Ehrenamtliche“ engagieren sich in einem der 100 Vereine am Ort, schickte Stefan Berchtold voraus. Allein im Bereich Sport gibt`s 20 Vereine am Ort, dicht gefolgt von der Sparte Musik, Gesang.
Doch woher kommt dieses Engagement? fragte Stefan Berchtold in die Runde. Löschmeisterin Constanze Höpner sagt, sie sei da hineingewachsen: Die verheiratete Mutter von zwei Kindern hat ihr Architektur-Büro in Unterbrunn. Da sei sie auch tagsüber verfügbar, müsse bei Alarm aber auch mal nachts um drei Uhr zum Einsatz raus - und das sei schon "krass", so die Feuerwehrfrau.
Im Gegensatz zu Gauting sei die Feuerwehr im Dorf Unterbrunn eben eine Gemeinschaft, wo man dabeibleibt, resümiert die Ehrenamtliche.
Er habe kapiert, „wie heftig die Klimakrise ist“ – und deshalb den in der Coronazeit eingeschlafenen Energiewendeverein mit 12 Frauen wiederbelebt, sagt der Vorsitzende Benjamin Stettner. Doch als Familienvater mit drei Kindern müsse er die Stundenzahl seines Ehrenamts budgetieren, betont der ITler.
Und Sportjournalist Robert Frank, der Vorsitzende des TV Stockdorf, half dem Sportverein mit 1 000 Mitgliedern aus der Klemme, als nur noch ein zweiköpfiger Rumpfvorstand übrig war.
„Ich erzähle lieber nicht, wieviel Stunden ich im Einsatz bin“, sagt Monika Bezdek. Seit Rentenantritt arbeitet die Sozialpädagogin nämlich „den ganzen Tag“ im Stockdorfer Familienzentrum. Die Vorsitzende des EKP gibt aber auch Kindern Schwimmunterricht – und trainiert danach selber, „weil`s mir guttut.“
Profi-Sängerin Jasmin Klingan kümmert sich als Kuratoriumsvorsitzende auch um die 32 Lehrkräfte der geförderten Musikschule Gauting-Stockdorf – und sagt: „Das macht Spaß, weil engagierte Leute für ihre Aufgabe brennen.“
Gauting habe ein unglaubliches Potenzial an Ehrenamtlichen, erinnert Monika Bezdek an Kunstschaffende wie Schauspieler Sebastian Hofmüller mit „literarischen Hausbesetzungen“, an die Profi-Ehrenamtlichen vom Theaterforum oder ans Gautinger „Kult", wo sie schon als Jugendliche dabei war.
Aber sie vermisse hier in Gauting „die Wertschätzung“ der Rathausverwaltung, so die EKP-Vorsitzende.
Sie sehe auch nicht ein, dass sie sich am Wochenende hinstellen müsse um Bratwürste zu verkaufen, „damit wir unsere Angestellten" zahlen können, ärgert sich die EKP-Vorsitzende. In Gauting säße schließlich so viel Geld - auch bei Firmen.
„Wir dürfen nicht aufgeben“, bedauert Gemeinderat Stefan Berchtold die missliche Lage mit „nicht ausgeglichenem Gemeinde-Haushalt.“ Doch den Kampf um freiwillige Leistungen für Sport und Kultur „dürfen wir nicht verlieren“, appelliert der Ehrenamtliche.
Wenn am privaten Engagement „von Berlin bis Gauting“ überall eingespart wird, gehe das Ehrenamt mangels Wertschätzung verloren, resümiert Willi Rodrian, der im Partnerschafts-, Energiewendeverein und Theaterforum aktiv ist. Und was einmal weg ist, „kommt halt nicht wieder“, warnt der Gautinger Netzwerker.