Eine Sternstunde des Kinos: Zur laufenden Ausstellung „Cinemas“ im bosco, präsentierte der große Filmpoet Wolf Gaudlitz im voll besetzten Saal des Gautinger Breitwand-Kinos seine 1001-Nacht- Dokumentation „Sahara Salaam.“ Mit Szenen von tanzenden Tuaregs in der Sanddüne, lachenden Mädchen, einem erzählenden Teppichhändler, nahm der anwesende Regisseur sein Publikum mit auf seine einsame Reise: Mit seinem legendären „Cinemamobile“ war der Filmer unterwegs in einem verbotenen Land. Denn bis heute habe er keine Drehgenehmigung für seine Leinwand-Erzählung „Auf der Achse des Lächelns“ in der Wüste zwischen Tunis und Timbuktu.
„Ein Streiter, der das Kino liebt und hochhält“, freute sich Cineast Mathias Helwig über den vollen Saal seines Breitwand-Kinos. Denn Fellini-Schauspieler Wolf Gaudlitz, bekannt als Regisseur von „Palermo flüstert“ und „Taxi Lisboa“, ist ein Publikumsmagnet - und die perfekte Ergänzung zur noch bis 21. April laufenden Ausstellung „Cinemas“ der Münchner Fotografin Margarete Freudenstadt im bosco.
„Ich film` einfach weiter“, erzählt Wolf Gaudlitz an diesem denkwürdigen „Tag der Poesie“ zum Frühlingsanfang im Gautinger Kino: Unbeeindruckt von der Geiselnahme, als Salafisten europäische Touristen in der algerischen Wüste 2003 verschleppt hatten, machte sich der deutsche Filmer dort auf seinen langen zehnjährigen Weg: Nur auf sich selbst gestellt, hielt er von seinem hohen Off-Road-Wohn-Lastwagen aus mit der Kamera auch auf Militärposten in der Zentralsahara -verbotenerweise, ohne Drehgenehmigung.
Spot on: Über die Großleinwand flimmert eine grandios eingefangene Szene. In einer gelungenen Einstellung zeigt Kameramann Wolf Gaudlitz wie sich eine große Plastikwasserflasche über die Sanddüne dreht - bis ihr der Wüstenwind einen leeren Plastikbecher zum Pas de deux an die Seite treibt.
In einer Schwarz-Weiß-Einstellung mit bedrohlicher Dampflok-Großaufnahme, dokumentiert der Regisseur, wie die Menschen einst bei der Erfindung des Kinos 1895 zu Beginn des Maschinenzeitalters aus den Sälen flüchteten. Und als die Franzosen nach Kriegsende 1962 das besetzte Algerien ausgeplündert verlassen hatten, verschwanden auch die Lichtspielhäuser, heißt`s im Film. Deshalb kam Wolf Gaudlitz mit seinem „Cinemamobil“ samt ausgerollter Leinwand zu den Menschen in der Wüste.
In einer eindrucksvollen Szene dokumentiert der einsame Reisende wie ein Berber mit seinem Kamel herbeireitet - und ihm zu Hilfe eilt. Der Berber zieht den im Wüsten-Sand eingegrabenen schweren hohen Film-Lastwagen ohne Anlasser mit Gurten heraus.
In grandiosen Momentaufnahmen zeigt Gaudlitz auch einen fröhlichen Frauentanz mit Brautschau: Die Großmutter dient dem deutschen Filmer „Wolf“ nach mehreren Drehs sogar ihre 16jährige Tochter als Braut an. Szenenwechsel: Eine unbekannte Berberdichterin schreibt ein Liebesgedicht „..deine weiten Arme nehmen mich in Schutz“ in den Sand. Doch der Wüsten-Wind verweht die wundervolle Poesie aus Tausendeiner-Nacht.
Eindrucksvolle Aufnahmen von einem Buben, der lachend Heuschrecken verspeist, vom algerischen Opferlammfest präsentiert Gaudlitz. In einer Kleinstadt, wo die Menschen „seit 44 Jahren kein Kino gesehen haben“, rollt der Regisseur die große Leinwand seines Cinema-Mobils aus - und zeigt ihnen die tagsüber gedrehten Aufnahmen mit den dort lebenden Menschen als Darsteller.
Zwei Tage lang musste sich der Dokumentarfilmer verstecken, nachdem er ein bewaffnetes Bataillon an der Grenze zwischen Niger und Mali von seinem Mobil-Dach aus im Kasten hatte.
„Warum mache ich das?“ fragt sich der Regisseur in seiner 2014 herausgekommenen Dokumentation „Sahara Salaam“ deshalb immer wieder, „wenn mein Puls erhöht ist“ und die Lichtreflexionen des Wüstensonnenlichts „mich in die falsche Richtung führen.“
Die phantastische Film-Erzählung mit Wüstensinfonie „ohne Förderung“, wie Gaudlitz betont, endet mit dem magischen Tanz von fünf Tuaregs im Dünen- Sand.
Und die 100 Zuschauerinnen und Zuschauer im Kinosaal applaudierten dem Regisseur begeistert.