Männer dominieren die Statistiken gesellschaftlicher und sozialer Katastrophen, sie führen die Zahlen in der Kriminalität, in der Sucht, und besonders in der Gewalt an. Dies ist eng mit patriarchalen Strukturen verknüpft, die noch immer unsere Gesellschaft durchziehen und bestimmen. Warum also wird dieses Patriarchat weiterhin gesellschaftlich aufrecht erhalten, obwohl doch alle darunter leiden - warum werden Männer weiterhin in ihrer Not und gleichzeitig Frauen im Leiden unter ihnen belassen? Es gibt viele Gegenargumente, eine besonders deutliche Sprache aber hat Boris von Heesen gefunden, eine Sprache, die jede*r in unserer Gesellschaft spricht und versteht: Geld. Gestützt auf verlässliche Statistiken geht der Autor der Frage nach, was für ökonomische Schäden durch patriarchal geprägte Männlichkeit jährlich entstehen.
„Was Männer kosten“ ist der durchaus provokante Titel seines Buches, Boris von Heesen will darin aber keineswegs nur problematisieren, sondern auch konstruktive Lösungsvorschläge anbieten. In seinem Buch weist der Autor, der ursprünglich BWL studiert hat, durch Statistiken patriarchale Strukturen in unserer Gesellschaft auf, die nicht nur soziale Schäden verantworten, sondern auch ökonomische Folgen haben. Dabei ist es Boris von Heesen stets wichtig zu betonen, dass es dabei weniger um die endgültigen Zahlen, sondern noch vielmehr um die unzähligen Einzelschicksale und sozialen Dramen hinter den Statistiken geht. In seinem Versuch, zwischen den Geschlechtern zu vermitteln, versucht der Autor mit direkten Zahlen Kosten transparent zu machen, die seiner Meinung nach allen stets zugänglich sein sollten, um als Grundlage für eine gesunde Diskussion auf dem Weg zur Gleichberechtigung zu dienen. Deswegen rechnete Boris von Heesen auf Grundlage verlässlicher Daten die Mehrkosten aus, die Männer jährlich verursachen und kommt dabei auf eindrucksvoll hohe Zahlen, die einmal mehr beweisen, dass geschlechterübergreifende Gleichberechtigung nicht nur soziale, sondern auch ökonomische Vorteile für alle in der Gesellschaft hätte.
Den Ansatz dazu hatte Boris von Heesen unter anderem aufgrund seiner jahrelangen Erfahrungen als Geschäftsführer eines Drogenhilfeträgers und seiner Arbeit in einem Jugendhilfeträger als auch in der Männerhilfe, durch welche er eine Empörung entwickelte, mit der er der Frage nachgehen wollte, warum sowohl Kriminal- als auch Sucht- und Gewaltstatistiken so von Männern dominiert sind. Verantwortlich für die Statistiken macht Boris von Heesen geschlechterspezifische Rollenstereotype, das Unverständnis vieler Männer über die notwendige Dekonstruktion des Patriarchats aus Angst vor Veränderungen und natürlich nicht zuletzt die enge Verknüpfung des Kapitalismus mit dem Patriarchat, die in unserer Gesellschaft vorherrscht. Und die zusammengetragenen Zahlen sprechen für sich: Männer dominieren die Kriminalstatistiken und machen deswegen 94% der Gefängnisplätze aus, rund 60% von ihnen werden innerhalb des Jahrzehnts nach ihrer Freilassung rückfällig, 80% der Gewalt in Partnerschaften geht von Männern aus, 88,4% der pathologischen Glückspieler*innen sind Männer, die Statistiken sind allesamt eindeutig. Auf rund 63,5 Milliarden Euro jährlich kommt Boris von Heesen damit, eine erschreckende Zahl, die sich wohlgemerkt aus den verlässlichen Statistiken direkter Kosten zusammensetzt, indirekte Kosten, die beispielsweise durch die Folgen von Hass im Internet, die Folgen von Gewalt in Familien und Partnerschaften oder die hohe Suizidrate unter Männern entstehen, sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt.
Gleichzeitig provoziert und problematisiert Boris von Heesen mit seinem Buch nicht nur, im letzten Teil stellt er auch nutzbringende Überlegungen über mögliche Lösungsansätze an: die von ihm in mühevoller Recherche zusammengetragenen Statistiken sollten selbstverständlich einmal jährlich veröffentlicht und allen zugänglich gemacht werden, außerdem brauche es eine gleichstellungsorientierte Politik für Männer, die gleichzeitig fordernd wie auch fördernd ist, nicht zuletzt bedarf es der schwierigen Aufgabe, Rollenstereotype zu durchbrechen. Die Kosten für eine solche Arbeit wären dabei viel geringer als die jährlich verursachten Kosten, die der Autor in seinem Buch zusammenrechnet, von den immensen gesellschaftlichen Vorteilen mal ganz abgesehen. Denn eins wird an diesem Abend wieder einmal ganz deutlich: unter dem Patriarchat leiden ausnahmslos alle, auch gerade die, die vermeintlich von demselben profitieren.
Boris von Heesen gelingt mit dieser eindeutigen Sprache ein handfestes Argument für die Vorteile einer Gesellschaft, in der alle Geschlechter gleichgestellt und patriarchale Vorstellungen von geschlechterspezifischen Rollenstereotypen dekonstruiert und überwunden worden sind. Durch die Mischung aus deutlichen Textpassagen und eigenen Geschichten und Erklärungen, beides in unmissverständlichen sprachlichen Bildern und klaren Worten, gelingt Boris von Heesen ein kurzweiliger und eindrucksvoller Abend, der in einer konstruktiven und spannenden Diskussion mit dem Publikum endet.